In Neapel streiten sich die zwei jungen Offiziere Ferrando und Guglielmo mit ihrem väterlichen Freund Don Alfonso über die Treuefähigkeit der Frauen. Beide halten ihre Bräute Dorabella und Fiordiligi für unerschütterlich treu. Der lebenserfahrene und daraus resultierend illusionslose Alte aber ist überzeugt, die Schwachheit der beiden jungen Damen binnen 24 Stunden beweisen zu können. Es kommt über den umstrittenen Gegenstand zu einer Wette. Nach deren – vom „Regisseur“ Alfonso vorgegebenen – Regeln müssen die jungen Offiziere scheinbar in den Krieg ziehen, in Wirklichkeit aber ihre Mädchen in Verkleidung und über Kreuz mit leidenschaftlichen Liebesanträgen bestürmen. Nach vorgetäuschten Selbstmorden aus Liebeskummer, einem aufwendigen Ständchen und höchst intimen Gefühlsbeteuerungen geben die jungen Frauen trotz anfänglichen Widerstandes nach und sinken ihren (falschen) Liebhabern in die Arme.
Als die – in einer vorgetäuschten Doppelhochzeit gipfelnde – Intrige schlussendlich aufgedeckt wird, scheint die Katastrophe perfekt. Doch Alfonso versucht, das „Straucheln“ der Bräute mit seinem, der Ratio huldigenden Hinweis „Così fan tutte“ – „So machen sie’s (die Weiber) alle“ zu entschärfen. Die Lehre, die er den zum Schluss nun wieder „richtigen“ Paaren aus seinem höchst gefährlichem Experiment vermitteln will, lautet: Seid vernünftig, liebt euch, verzeiht euch, später könnt ihr über alles lachen.
Aber das ist nicht die Lehre, die uns Mozarts Musik erteilt. Eigentlich müsste der Titel der Oper „Così fan tutti“ – „So machen’s alle“ heißen, da der Mangel an „Weibertreue“ noch bei weitem von dem „Mangel an Männermoral“ übertroffen wird. Mozarts Musik tritt auf jeden Fall in Widerspruch zu der geradlinigen Handlung, denn sie macht die vorgegebenen Verstellungen, Täuschungen und Selbsttäuschungen nicht mit, sondern unterläuft sie emotional aufrichtig.
So komponiert er beispielsweise die beiden Liebesduette für die „falschen“ Paare mit einer unvergleichlichen Mischung aus Sinnlichkeit und Wehmut, stattet sie mit warmen und wahren Gefühlstönen aus. Im Libretto steht an dieser Stelle das gespielte Gefühl der Männer dem echten, erotisch faszinierten der Frauen gegenüber, aber die Musik weiß es besser. Sie enthüllt uns den Kern des zwischen Dur und Moll, Helligkeit und Dunkelheit, Heiterkeit und Ernst changierendem „Spiels im Spiel“: „Nicht das Einfache, das die jungen Leute vor Beginn des Spiels für das ganz Selbstverständliche hielten, ist die Wahrheit des Lebens, sondern das widersprüchlich Komplexe.“ (Leo Karl Gerhartz)
Dramma giocoso in zwei Akten - in italienischer Sprache mit deutschen Übertieln
Text von Lorenzo Da Ponte
Musikalische Leitung: Jochem Hochstenbach │ Regie: Achim Thorwald │ Bühne: Christian Floeren | Kostüme: Doris Hersmann│ Choreinstudierung: Ulrich Wagner
Mit: Kirstin Blaise / Christina Niessen (Fiordiligi), Sabrina Kögel / Tamara Gura (Dorabella), Armin Kolarczyk / Christian Miedl (Guglielmo), Bernhard Berchtold / Jung-Heyk Cho (Ferrando), Berit Barfred Jensen / Ks. Tiny Peters (Despina), Ulrich Schneider / Luiz Molz / Ks. Konstantin Gorny (Don Alfonso)
Badischer Staatsopernchor
Badische Staatskapelle
Weitere Vorstellungen: 29.12.2009