Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Der Retter in der NotDer Retter in der NotDer Retter in der Not

Der Retter in der Not

"Lohengrin" von Richard Wagner in der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg

 

Im Nu sind die Plakate der Occupy Bewegung von der Fassade des Bankgebäudes entfernt, und die Mini-Demonstration aufgelöst. Das Gebäude mit grünem Marmor und Holzvertäfelung erinnert in seiner imposanten Architektur an ein Institut an der Kö. Leicht ironisiert wird dieses Gebäude der Machtdarstellung durch die pompöse Treppe, die eher einem Varieté entsprungen zu sein scheint. Natürlich kleidet man sich dem Orte angemessen in gediegenen Anzügen in Grau und Blau. Ein Heilsversprechen sucht man ja auch nicht mehr in der Kirche, Geld allein macht heutzutage selig. Folgerichtig findet daher das Gottesgericht nicht mehr unter der Linde, sondern im Bankhaus statt, so jedenfalls sieht es Sabine Hartmannshenn in ihrer Inszenierung des "Lohengrins" für die Deutsche Oper am Rhein.

 

Elsa von Brabant wird von Telramund, der früher ein Auge auf Elsa geworfen hatte, von ihr aber zurückgewiesen wurde, auf Anstiftung seiner Gattin Ortrud beschuldigt, ihren Bruder, den Regenten von Brabant, ermordet zu haben. Elsa ist ob dieser Anschuldigung, zumindest in dieser Inszenierung, in eine tiefe Krise gestürzt, sie benötigt Psychopharmaka und die Hilfe zweier Pflegerinnen. In ihrem Wahnzustand ruft sie einen imaginierten Ritter zu Hilfe, der das Gericht von ihrer Unschuld überzeugen möge. Der Ritter erscheint leger gekleidet in Trenchcoat und Sneakers, ohne die Begleitung seines Schwans, als Retter Elsas, und zugleich soll er das Königreich regieren. Telramund wird seiner Ämter enthoben. Er erhält einen wahrscheinlich einen gut gefüllten Aktenkoffer als Abfindung, ist jedoch geächtet. Für seinen gesellschaftlichen Abstieg macht er Ortrud verantwortlich.

 

Elsa feiert Hochzeit mit dem Ritter, der seinen Namen und seine Herkunft verschweigt, und als Bedingung fordert, dass er nicht danach gefragt wird. Der Ritter feiert einen kurzen Junggesellenabschied und trägt dabei einen Pappzylinder mit Pappschwan. Es erscheinen die Brautjungfern in hellgrünen Gewändern und die Hochzeitsgesellschaft in aufgetakelten Roben, die in ihrer dezenten Übertreibung einer amerikanischen Soap entsprungen zu sein scheinen. Die Hochzeitsnacht dagegen ist verführerisch und anrührend zugleich inszeniert und endet, da Elsa sich selbstverständlich nicht enthalten kann, die verbotene Frage zu stellen, in einem Fiasko. Den Schwan sehen nur die Bühnenfiguren, die ganz gebannt über die Zuschauerreihen hinweg in die Ferne starren; der Zuschauer dagegen kann sich ganz auf die Musik konzentrieren, in der Wagner das Schwanenmotiv anklingen lässt. Wünschen könnte man sich, dass die Ansätze dieser Inszenierung etwas wagemutiger ausgeführt worden wären, dennoch ist sie im Großen und Ganzen akzeptabel.

 

Klaus Florian Vogt, für diesen Abend als Gast engagiert, und als Idealbesetzung des Lohengrins gehandelt, bewies das auch am diesem Abend. Er klang sicher, völlig unangestrengt, wie selbstverständlich, sein Timbre weich. Sein Auftritt löste euphorischen Applaus aus und forderte das Ensemble zu ebenfalls hohen Leistungen heraus. Manuela Uhl als Elsa von Brabant, Hans-Peter König als Heinrich der Vogler, Simon Neal als Friedrich von Telramund und Bogdan Baciu als der Heerrufer. Ebenfalls als Gast agierte die grandiose Alexandra Petersamer als Ortrud. Allein die Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von Axel Kober musizierten stellenweise zu laut. Euphorischer Applaus für eine gelungene Aufführung.

 

"LOHENGRIN" von Richard Wagner

Romantische Oper in drei Aufzügen, Dichtung von Richard Wagner

 

Musikalische Leitung: Axel Kober

Inszenierung: Sabine Hartmannshenn

Bühne: Dieter Richter

Kostüme: Susana Mendoza

Licht: Volker Weinhart

 

Heinrich der Vogler: Hans-Peter König

Lohengrin: Klaus Florian Vogt

Elsa von Brabant: Manuela Uhl

Friedrich von Telramund: Simon Neal

Ortrud: Alexandra Petersamer

Der Heerrufer: Bogdan Baciu

Edle von Brabant: Johannes Preißinger, Paul Stefan Onaga, Attila Fodre, Felix Rathgeber

Edelknabe: Sandra Michaela Diehl, Helena Günther, Angela Froemer, Franziska Orendi

Chor der Deutschen Oper am Rhein

Düsseldorfer Symphoniker

 

Premiere: Samstag, 18. Januar 2014, 18.00 Uhr – Opernhaus Düsseldorf

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 19 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

SZENEN OHNE ILLUSIONEN -- "Tosca" von Giacomo Puccini in der Staatsoper Stuttgart

Kann Kunst unsere Wirklichkeit beeinflussen? Diese Frage steht als zentrales Thema im Zentrum der Inszenierung von Willy Decker, dessen Figuren sich in Puccinis "Tosca" in einem schwarzen Kasten…

Von: ALEXANDER WALTHER

RETTET DIE FRAUEN! -- Premiere "Zertretung" von Lydia Haider im Schauspiel Nord STUTTGART

Die 1985 in Oberösterreich geborene Lydia Haider hat hier einen radikalen Text vorgelegt, der zuweilen an Rainald Goetz erinnert. Die zentrale Frage lautet: Wie geht man mit einem System um, das…

Von: ALEXANDER WALTHER

ATEMLOSE HÖHENFLÜGE -- SWR Symphonieorchester mit Busoni und Sibelius im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Zwei unterschiedliche Zeitgenossen standen diesmal im Zentrum: Jean Sibelius und Ferrucio Busoni. Immerhin weiß man, dass beide in Helsinki Schumanns Klavierquintett in Es-Dur gemeinsam musizierten.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑