Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Freiheit und KontrolleFreiheit und KontrolleFreiheit und Kontrolle

Freiheit und Kontrolle

"Petruschka" von Igor Strawinsky und "L’Enfant et les Sortilèges" von Maurice Ravel in der Deutschen Oper am Rhein

Nach dem immensen Erfolg von Mozarts "Zauberflöte" in der Inszenierung von Esme Appleton, Suzanne Andrade und Paul Barritt, dessen Konzept inzwischen weltweit verwirklicht wird, hat sich die Deutsche Oper am Rhein in Kooperation mit der Komischen Oper Berlin das Team von "1927" für die Inszenierung von Igor Strawinskys "Petruschka" und Maurice Ravels "L'Enfant et les Sortilèges" gesichert. Keine Frage, diese beiden märchenhaften Stücke eignen sich hervorragend für die Herangehensweise dieses Regieteams, nämlich Menschen mit Musik, Videos, Cartoons und Zeichnungen zusammenzuführen.

 

Copyright: Hans Jörg Michel

Inspiriert sind sie von Zeichentrick- und Stummfilmen, dem russischen Konstruktivismus sowie Jahrmärkten. Das wortlose "Petruschka" ist daher kein Ballett mehr, sondern wirkt wie ein animiertes Bilderbuch. Die drei russischen Puppen, die sich gegen ihren Puppenmeister auflehnen, werden von Akrobaten performt, wie es sich für einen richtigen Jahrmarkt gehört. Die Jahrmarktsbesucher dagegen sind gezeichnet und werden filmisch als Puppen animiert. Für die Figur des Petruschka hat Buster Keaton als Vorbild gedient, der zum atemlosen Tempo der Musik gut passt.

Ebenso wie in "Petruschka" geht es in "L'Enfant et les Sortilèges" um die Auflehnung gegen eine Autorität. In "Petruschka" ist es die Figur des grausamen Puppenmeisters, gegen den die Puppen sich zur Wehr setzen. In "L'Enfant et les Sortilèges" dagegen ist es die strenge Mutter, die mit erzieherischen, fürsorglichen Maßnahmen gegen die überbordende Wildheit, Wut und Grausamkeit des Kindes vorgeht und es so erst zum Mitleid befähigt. Dass Gegenstände und Tiere ein Eigenleben haben, ist spätestens seit E.T.A. Hoffmanns Kunstmärchen bekannt und so führen Stuhl, Uhr, Teekanne, Tasse, Katze und Eichhörnchen das Kind auf den richtigen Weg. Auch in dieser Inszenierung geht es temporeich zu, das Kind hat gar einen Doppelgänger, anders wären auch die schnellen Ortswechsel gar nicht zu bewältigen.

Vom Menschenteam des Opernhauses werden perfektes Timing erfordert um die Synchronisation der Einsätze mit den Animationen zu erreichen, was wie selbstverständlich auch geleistet wurde. Mit sicht- und hörbarer Spielfreude agierten die Beteiligten, die auch gesanglich zu überzeugen wussten.

Ein ganz und gar märchenhafter Abend, der ein Feuerwerk an Ideen verwirklicht , aber auch den Charme der Handwerklichen Könnens zeigt und wie nicht anders zu erwarten, dem Publikum überaus gefiel.

"Petruschka" von Igor Strawinsky
Musikalische Leitung: Marc Piollet
Inszenierung: Suzanne Andrade / Esme Appleton
Animationen: Paul Barritt
Szenische Einstudierung: Tobias Ribitzki
Konzeption: Esme Appleton
Konzeption: Suzanne Andrade / Paul Barritt
Bühne: Esme Appleton / Suzanne Andrade / Paul Barritt / Pia Leong
Kostüme: Katrin Kath / Paul Barritt / Esme Appleton / Suzanne Andrade
Licht: Diego Leetz
Dramaturgie: Ulrich Lenz
Petruschka, der Clown: Tiago Alexandre Fonseca
Ptitschka, die Akrobati: Pauliina Räsänen
Patap, der Muskelman: Slava Volkov
Düsseldorfer Symphoniker
Klavier: Radu Pogodaeva

"L'Enfant et les Sortilèges" Maurice Ravel
Fantaisie lyrique in zwei Teilen (1925)
Text von Colette
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Musikalische Leitung: Marc Piollet
Inszenierung: Suzanne Andrade / Esme Appleton
Animationen: Paul Barritt
Konzeption: Paul Barritt / Suzanne Andrade / Esme Appleton
Bühne: Esme Appleton / Suzanne Andrade / Paul Barritt / Pia Leong
Kostüme: Suzanne Andrade / Esme Appleton / Paul Barritt / Katrin Kath
Licht: Diego Leetz
Chorleitung: Christoph Kurig
Kinderchorleitung: Justine Wanat
Dramaturgie: Ulrich Lenz
Das Kind: Kimberley Boettger-Soller
Die Mutter / Die Tasse / Die Libelle: Marta Márquez
Der Stuhl / Die Eule: Romana Noack
Die Sonne / Die Prinzessin: Elena Sancho Pereg
Die weiße Katze / Das Eichhörnchen: Iryna Vakula
Die Nachtigall: Dimitra Kotidou
Eine Schäferin / Die Fledermaus: Monika Rydz
Ein Schäferin: Maria Boiko
Der Schaukelstuhl / Der Baum: Torben Jürgens
Vater Zeit / Der schwarze Kater: Dmitri Vargin
Dr. Mathe / Die Teekanne / Der Frosch: Cornel Frey
Kind (Double): Kinga Szilágyi
Chor der Deutschen Oper am Rhein
Kinderchor: Akademie für Chor und Musiktheater
Düsseldorfer Symphoniker

Eine Koproduktion mit der Komischen Oper Berlin

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 20 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EIN BEWEGENDER FEUERREITER -- Liedmatinee - Verleihung der Hugo-Wolf-Medaille in der Staatsoper Stuttgart

Die New York Times bezeichnete das Liedduo Christian Gerhaher (Bariton) und Gerold Huber (Klavier) als "größte Liedpartnerschaft der Welt". Dies betonte Kammersängerin Christiane Iven in ihrer…

Von: ALEXANDER WALTHER

NEUE SPHÄREN IM LICHTKEGEL -- Sao Paulo Companhina de Danca im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Mit der Deutschen Erstaufführung von "The Eight" gedenkt der Choreograph Stephen Shropshire des 200. Geburtstags von Anton Bruckner. In den Kostümen von Fabio Namatame erklingt das Finale von…

Von: ALEXANDER WALTHER

REIZVOLLES SPIEL MIT KLASSISCHEN FORMEN -- Konzertabend beim deutsch-türkischen Forum mit Gülsin Onay und Erkin Onay im Hospitalhof STUTTGART

Sie ist Staatskünstlerin der Türkei und eine renommierte Pianistin: Gülsin Onay. Sie trat auch mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks auf. Zusammen mit ihrem Sohn Erkin Onay (Violine)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑