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Liebe in Zeiten der poltischen Unruhe

"Tosca" von Giacomo Puccini in der Deutschen Oper am Rhein

Copyright: Hans Jörg Michel

 

Auch wenn es paradox klingt: es sind vergleichsweise ruhige Zeiten, in denen man sich Eifersucht leisten kann. Wie die desolaten politischen Verhältnisse eines Polizeistaates das private Glück beeinträchtigen können, zeigt die Oper "Tosca". Die titelgebende Heldin lebt zu Anfang noch ganz der Kunst als Sängerin - und der Liebe zu dem Maler Cavaradossi. Sie erscheint etwas divenhaft verwöhnt, fromm und sehr verliebt. Allein die Eifersucht plagt sie, als nicht sie in einem Fresko verewigt wird, sondern eine andere Kirchenbesucherin. Und diese Eifersucht wird ihr dann zum Verhängnis. In dieses ganz normale Leben brechen unversehens Bedrohung und Gewalt. So wird Tosca ungewollt zur Verräterin, verursacht dadurch den Tod eines politischen Aktivisten und die Gefangennahme ihres Geliebten. Um ihn frei zu lösen, soll sie ihren Körper dem Häscher Scarpia verkaufen, der sie unter Druck setzt und erpresst. Als er versucht sie zu vergewaltigen, ersticht sie ihn. Am Ende muss sie erkennen, dass er sein Versprechen, Cavaradossi nur zum Schein zu erschießen, nicht gehalten hat. Untröstlich wegen dieser Hinterhältigkeit folgt sie ihrem Geliebten in den Tod.

 

Dietrich Hilsdorf inszeniert dieses Melodrama fast ganz klassisch. Nur die Folterung von Cavaradossi findet auf offener Bühne und nicht hinter verschlossenen Türen statt. Tosca muss ihr mit verbundenen Augen beiwohnen. Dabei verschont er mit grausamen Darstellungen sein Publikum, das durch aktuelle Berichterstattungen in den Medien inzwischen ganz Anderes gewohnt ist. Nicht dass man das unbedingt sehen wollte, die Frage stellt sich nur, ob es nicht doch eindrucksvoller gewesen wäre, diese Szene, wie von Puccini vorgesehen, hinter der Bühne stattfinden zu lassen, und den Horror akustisch umso intensiver darzustellen. So wirkt es doch sehr zahm, auch wenn es sich für die "blinde" Tosca anders darstellen mag. Die vielleicht beabsichtigte Unterstreichung der Perfidität des Scarpia gewinnt dadurch nicht allzu viel. Ganz anders sieht das bei der Erschießungsszene aus, bei der Cavaradossi mit dem Rücken zum Publikum steht und das Erschießungskommando direkt ins Publikum zielt. Durch diesen simplen Zug fühlt sich der Zuschauer unmittelbar betroffen.

 

Bei sängerischen Glanzleistungen dieser Inszenierung wusste Anooshah Golesorkhi als Baron Scarpia in seinem schicken Manageranzug die Facetten seiner Rolle zwischen aalglatt, lüstern, perfide, gewalttätig und erschreckend eindrucksvoll zu gestalten. Zoran Todorovich glänzte als Cavaradossi und Morenike Fadayomi als Tosca überstrahlte alle und hatte ganz zum Schluss einen effektvollen Abgang ganz allein vor dem roten Bühnenvorhang.

 

TOSCA von Giacomo Puccini

Melodramma in drei Akten

Libretto von Luigi Illica und Giuseppe Giacosa

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

 

Tosca: Morenike Fadayomi

Cavaradossi: Zoran Todorovich

Scarpia: Anooshah Golesorkhi

 

Angelotti: Günes Gürle

Sagrestano: Daniel Djambazian

Spoletta: Cornel Frey

Sciarrone: Lukasz Konieczny

Chor: Chor der Deutschen Oper am Rhein

Kinderchor: Kinderchor St. Remigius

Orchester: Düsseldorfer Symphoniker

 

Musikalische Leitung: Enrico Dovico

Inszenierung: Dietrich Hilsdorf

Bühne und Kostüme: Johannes Leiacker

Chorleitung: Christoph Kurig

Kinderchorleitung: Petra Verhoeven

Dramaturgie: Cornelia Preissinger

 

Nächste Vorstellungen:

 

Oper Düsseldorf

Do 31.10, Mo 23.12, Sa 28.12.13

Theater Duisburg

Sa 08.03.14, Di 27.05.14

 

 

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