eine in Amerika gegen überlieferunglose Flachheit, in Frankreich gegen zu starke Überlieferung entstandene Bewegung. Diese Überwirklichkeits-Bewe-gung findet die meist dargestellte Nur-Wirklichkeit abgegriffen, nur halbwirklich und will sie zur vollen, zur »wirklichen« Wirklichkeit machen. Der lebende Mensch beispielsweise habe außer der sieht- und greifbaren Wirklichkeit noch eine andere, die zwar nicht mit den Sinnen sogleich faßbar, aber doch sehr wirksam sei. So lebt etwa im Fünfzigjährigen etwas aus der Zeit, in der er zwanzig Jahre alt war, es lebt in ihm etwas von seinen toten Vorfahren, ja, von der ganzen Menschheitsgeschichte. Daher wird in surrealistischen Theaterstücken etwa ein und derselbe Mensch in verschiedenen Altersstufen, ja, als Verstorbener gleichzeitig auftreten, er wird mit längst Verstorbenen umgehen, der Urmensch wird dem Jetztmenschen begegnen, mit ihm leben. Der Surrealismus läßt sich also gedanklich durchaus begründen. Vorerst hat er freilich mehr zur Auflösung der Form geführt. Form aber ist Wirklichkeit, die der Surrealismus seiner Zielsetzung nach gerade nicht gefährden dürfte. Gar so neu ist der S. nicht; vgl. etwa »Faust«, vor allem den zweiten Teil.