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¡Adelante! - DAS Iberoamerikanische Theaterfestival am Theater Heidelberg

vom 11. bis 18. Februar 2017. -----

8 Tage - 10 Länder - 21 Aufführungen = 1 Festival. - Bereits 2014 war ein lateinamerikanisches Land – Mexiko – beim Stückemarkt nach Heidelberg eingeladen. Es entstand der Wunsch und die Idee, sich noch intensiver mit diesem Kontinent, mit seiner Kultur sowie den Menschen zu beschäftigen. Was lag näher, als weitere Länder nach Heidelberg zu holen?

Die territoriale Entfernung sollte kein Hindernis sein. Zwei Jahre Vorbereitung gehen bald zu Ende. Nur noch wenige Tage fehlen und das großartige Ereignis startet. 10 Länder zeigen 13 Inszenierungen bei einem Festival, das das Theater und Orchester Heidelberg in seinen Spielstätten ausrichtet, und was so wohl noch nie an einem deutschsprachigem Stadttheater stattgefunden hat.

 

Es reisen Künstler aus Uruguay, Peru, Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Mexiko, Costa Rica, Kuba und auch Spanien an. Das Team aus Chile ist bereits seit Dezember 2016 vor Ort. Gemeinsam mit den Heidelberger Schauspielern arbeitet das Colectivo Zoológico aus Santiago de Chile an der Uraufführung von „Not in Backyard“ | „Nimby“. Erzählt wird nach einer wahren Begebenheit die Geschichte einer Kommune, die ihr eigenes Lebensmodell entwickelte. Doch als die Stadtverwaltung neue Bebauungspläne vorlegt, um die Struktur des Viertels zugunsten von Sozialwohnungen zu ändern, gehen die Bewohner auf die Barrikaden …

 

Vor der Uraufführung findet am 11. Februar um 17.00 Uhr die offizielle Eröffnung des Festivals im Alten Saal (Theaterstr. 10) statt. Der Gastspielreigen startet mit Brasilien. Die Gruppe um Felipe Hirsch, bis heute eine der bedeutendsten in Brasilien überhaupt, zeigt: „A Tragédia Latino-Americana“ („Eine lateinamerikanische Tragödie“) um 18.30 Uhr im Marguerre-Saal. 13 Schauspieler, 7 Musiker und 24 Autoren eröffnen mit dieser spektakulären Show ein monumentales Gesamtkunstwerk. Auf Portugiesisch, Spanisch, Englisch, Französisch spielt und singt das Ensemble auf poetische und sinnliche Weise über den tragischen und komischen Zustand Lateinamerikas. Aber es besteht kein Anlass zu befürchten, dass dem Bühnengeschehen nicht gefolgt werden kann. Natürlich läuft dieses Stück – so wie auch alle anderen Gastspiele – mit deutschen Untertiteln.

 

Die kubanische Theatergruppe Osikán arbeitet mit professionellen Tänzern, Schauspielern sowie Laiendarstellern. Mit „Baque Strit Boys“ („Backstreet Boys“) nähert sie sich dem komplexen Thema männlicher Prostitution auf Kuba. Sie zeigt, dass dieses Thema durchaus nicht nur auf den weiblichen Körper beschränkt ist.

 

Richard III. ist ein Begriff und das nicht nur in der Theaterwelt. Wie der Schauspieler Fabián Sales aus Costa Rica mit dem englischen Herrscher aus dem Hause York umgeht, wie die beiden Personen verschmelzen und sich doch unterscheiden und wie zudem auch das Verhältnis zwischen Schauspieler, Rolle sowie Zuschauer sich verändert, ist am 13. und 14. Februar zu erleben.

 

Ebenfalls am 14. Februar ist im Marguerre-Saal eine weitere Figur der Theatergeschichte zu treffen.

 

Der mexikanische Schauspieler und Autor David Gaitán stellt mit seiner modernen „Antigone“ eine Demokratie und Repräsentanten an den Pranger, die sich auf die Blindheit ihrer Bevölkerung verlassen, stur an der eigenen Macht festhalten wollen. Gaitán versetzt seine „Antigone“ in das heutige Mexiko. Er hinterfragt Themen wie Meinungsfreiheit und Verantwortung von Regierenden sowie die Pflichten der Bürger in einer gesellschaftlichen Krise. Der Autor dürfte Theatergängern bereits durch seine Inszenierung „Von den Beinen zu kurz“ (Katja Brunner) bekannt sein, mit der er bereits 2015 beim Heidelberger Stückemarkt sowie bei den Mülheimer Theatertagen eingeladen war.

 

Eine exotische und hypnotische Mischung aus Tanz, Akkrobatik und Sex stellt Argentinien mit „Ein rotes Huhn“ vor. Allein über Körpersprache zeigen die beiden Performer ausdrucksstarke Möglichkeiten von Bewegung. Die Körper werden zum Resonanzraum der Gefühle, Empfindungen, Töne und Bewegung. Akkrobatik trifft auf Komik, Kitschiges auf Banales. Eine gelungene Einladung auch zum Übersichselberlachen!

 

Der tote Körper eines 14-jährigen Mädchens kommt während des peruanischen Bürgerkrieges ins Leichenschauhaus. Plötzlich erwacht das Mädchen und beginnt, dem Leichenbestatter ihre Geschichte zu erzählen, der diese nicht nicht glauben kann. Er versucht, die traurige Wirklichkeit in die Feier ihres 15. Geburtstages zu verwandeln. „Die Gefangene“ legt den Finger in die Wunden, die auch nach über 36 Jahren des Bürgerkrieges in Peru noch nicht verheilt sind. Noch während der Probenarbeit gab es von der ‚Dirección contra el Terrorismo‘ Ermittlungen wegen des ‚Verdachts der Entschuldigung des Terrorismus‘. Zahlreiche Künstler schlossen sich für die offene Auseinandersetzung mit der Geschichte Perus zusammen. „Die Gefangene“ wurde zum Symbol der künstlerischen Meinungsfreiheit und erhielt Einladungen zahlreichen Festivals in Lateinamerika.

 

Wie ist unser Verhältnis zum Konsum? Wie käuflich ist das Äußere? Wie sehr ist die Menschheit hinter der Macht von Bildern manipulierbar? Diese und andere Fragen wirft die Gruppe Persona aus Kuba auf. Schauspieler, Tänzer, Musiker sind vereint auf der Bühne im Alten Saal am 17. Februar in einer spartenübergreifenden Arbeit mit viel Poesie, Tanz, Theater und Videokunst zu erleben!

 

Das renommierte Mapa Theater aus Kolumbien kommt mit der Europäischen Erstaufführung „Die Nichterzählten“ in den Marguerre-Saal. Transvestiten, Maskierte, ein Drogenboss, Popsänger, Kinder einer Marchingband, eine Kokapflanze, ein Bauchredner … sind verwoben auf einer Party, die nie stattfinden wird. Die ersten beiden Teile von „Die Nichterzählten“ waren bereits am Berliner HAU, beim Spielart Festival München, bei den Wiener Festwochen, in Zürich und in Avignon eingeladen. Die Europäische Premiere des Schlussteils wird am 17. (und 18.) Februar in Heidelberg gezeigt. Im März findet die Aufführung an der Berliner Schaubühne statt.

 

Als weiteres Gastland stellt sich Urugay mit der schwarzen Komödie „Von der Theorie der ewigen Wiederkehr anhand der karibischen Revolution“ als Theaterland vor. Santiago Sanguinetti spielt mit der Idee einer dritten Revolution in Haiti und reflektiert zugleich die Diskussion um die umstrittenen UN-Friedenstruppen: Blauhelme sind in Haiti stationiert. Auf der Insel bricht die Revolution aus. Auf den Straßen herrscht Chaos. Die Soldaten fürchten um ihr Leben und versuchen zugleich mit Marx, Hegel, Lenin, Nietzsche die Beweggründe des Volkes zu verstehen …

 

Last but not least: Mit „A house in Asia“ entwirft die spanische Gruppe Senor Serrano einen gnadenlosen Pop-Western, der zugleich das Jahrzehnt nach 9/11 zeigt. Realität und Fiktion verschränken die Geschichte des Hauses von Obama bin Laden und seiner beiden Nachbauten mit der Geschichte von Mobby Dick und Kapitän Ahab. Cowboys, Indianer, Bier, Flugzeuge … die größte Fahndung in der Geschichte der Menschheit. „A house in Asia“ erhielt u. a. den Premio de la Critica de Barcelona 2014. 2015 wurde die Gruppe mit dem Silbernen Löwen der Biennale in Venedig ausgezeichnet.

 

Selbstverständlich wird das gesamte Festival vom 11.-18. Februar von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet. Geboten ist u. a. in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung das kulturpolitische Gespräch „Mit Kultur aus der Krise?“, die Buchpräsentaion „Theater hoch zehn: Iberoamerikanisches Theater im Überblick“ in Kooperation mit der Fachzeitschrift Theater der Zeit, ein Lunchkonzert des Philharmonischen Orchesters mit lateinamerikanischer Musik voller Gefühl und Herzlichkeit, Milonga und Tangokonzert, ein Netzwerkbrunch, eine Podiumsdiskussion mit dem ITI Deutschland, Tischgespräche u. v. m. Wer arbeitet, soll aber schließlich auch feiern. Der Alte Theatersaal verwandelt sich für die Festivalpartys wieder in einen Tanzboden mit Live-Musik. Denn wo können sich Künstler, Festivalmacher und Publikum besser kennenlernen als in ungezwungener lockerer Atmosphäre? Auch der Glasbau auf dem Theatervorplatz ist ein idealer Treffpunkt für alle Beteiligten und Gäste.

 

Die Schirmherrschaft für dieses einmalige Festival hat Dr. Frank-Walter Steinmeier übernommen. Die Künstlerische Leitung liegt bei Intendant Holger Schultze sowie der Dramaturgin Lene Grösch. Die Kuratoren sind Ilona Goyeneche und Jürgen Berger. Das Festival wird maßgeblich durch die Kulturstiftung des Bundes gefördert.

 

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Der Kartenvorverkauf läuft. Tickets und Informationen: 06221|5820.000, www.theaterheidelberg.de; unter www.adelante-festival.de – entstanden mit dem Theaterportal nachtkritik.de; - finden sich zahlreiche Hintergrundeinblicke, Porträts, Videobeiträge u. v. m. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen des Rahmenprogramms ist kostenfrei. Natürlich gibt es auch wieder den beliebten Festivalpass für alle, die mehr sehen wollen.

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