Manchmal kann man die Qualität einer Wohnlage am Alphabet ablesen: In New York etwa lebt es sich recht gut auf der Avenue A. Von B über C bis zur Avenue D wird es jedoch immer schmuddeliger. Dann kommt das Ufer des East River, und Manhattan ist zuende. Wäre das nicht so, könnte man sich ausrechnen, wer wohl in den Straßen lebte, die die hinteren Buchstaben des Alphabets tragen, in der Avenue Q zum Beispiel. Die fiktive Adresse liefert zugleich den Schauplatz und den Titel des diesjährigen Musicals im theaterhagen. Sie ist ein Ort für Menschen, die ihre größten Erfolge entweder lange hinter sich haben oder noch brennend – wenn auch im Moment leider vergeblich – darauf hoffen. Da es aber ja nicht immer die besten Eigenschaften sind, die mit Wohlstand belohnt werden, sind die Verlierer in der Avenue Q ein Grüppchen äußerst liebenswerter Charaktere. Sie träumen davon, ein Star zu sein oder auch nur eine erfolgreiche Kindergärtnerin, und vor allem träumen sie von der Liebe. Und die ist in der Avenue Q genauso schön und genauso kompliziert wie anderswo.
Vielleicht ist sie sogar noch ein bisschen komplizierter, denn die Bewohner der Avenue Q sind nur zum Teil Menschen. Überwiegend sind sie Puppen, und deren Ähnlichkeit mit den Stars der Sesamstraße ist keineswegs zufällig. Hier zeigen die Figuren des Kinderfernsehens ihre erwachsenen Seiten – die Spekulationen etwa über die sexuelle Orientierung, die immer wieder um das „Paar“ Ernie und Bert kreisten, werden hier zwischen dem Anlagenberater Rod und seinem Mitbewohner Nick zum Stoff dramatischer Auseinandersetzung. Und als sich der junge Princeton in die Kindergärtnerin in spe Kate verliebt, währt das pure lustvolle Glück nicht lange. Schließlich ist er ein Hochschulabsolvent auf der Suche nach dem Lebenssinn und sie „nur“ ein Monster.
So versammeln sich auf der Avenue Q die Außenseiter und Randfiguren unserer Wohlstandsgesellschaft und erleben dort genau die Konflikte, die alle überall angehen. Toleranz gegenüber Homosexuellen ist ebenso ein Thema wie Rassismus; Treue in der Liebe und zu sich selbst ebenso wie das Entdecken einer Gemeinschaft, die allen zugute kommt. So schräg das Leben der Menschen und Puppen auf der Avenue Q auch mitunter sein mag, am Ende ist die Botschaft so einfach wie überzeugend: Wer zusammenhält, ist stärker und glücklicher.
Das preisgekrönte Musical wird in Koproduktion mit der Hochschule Osnabrück aufgeführt.
Musik und Songtexte von Robert Lopez und Jeff Marx
Buch von Jeff Whitty
Deutsch von Dominik Flaschka (Dialoge) und Roman Riklin (Songtexte)
Altersempfehlung ab 14 Jahren
Musikalische Leitung Steffen Müller-Gabriel
Inszenierung Sascha Wienhausen
Choreographie Barbara Tartaglia
Bühne und Kostüme Ulrike Reinhard
Lich tHans-Joachim Köster
Video Lieve Vanderschaeve
Dramaturgie Miriam Michel
Regieassistenz / Abendspielleitung Rahel Schwarz
Inspizienz Bettina Grüger
Fr 18.09.2015 / 19:30 Uhr
So 27.09.2015 / 18:00 Uhr
So 11.10.2015 / 18:00 Uhr