Dieses scheinbare Wunder aber ist keines: Katastrophe und Rettung entpuppen sich als Werk Prosperos, der mit seiner Tochter Miranda auf der Insel lebt und hier mittels Magie herrscht. In den Reihen seiner Diener finden sich neben Caliban, einer halb menschlichen, halb monströsen Kreatur,
auch mächtige Geister wie Ariel, mit dessen Hilfe Prospero nun die Geschicke der Schiffbrüchigen lenkt. Und das aus gutem Grund, war Prospero doch vor Jahren selbst Herzog von Mailand, bis er von seinem Bruder Antonio in einem perfiden Staatsstreich entmachtet und auf dem Meer ausgesetzt wurde. Nun aber ist die Zeit für seine Rache gekommen.
Meisterhaft verwebt Shakespeare in seinem letzten Stück jene Themen, die ihn von Beginn seines Schaffens an beschäftigt haben: Liebe und Politik. Seine Figuren greifen nach der Macht, sobald sie in ihren Dunstkreis kommen, und gehen dafür über Leichen – im Zweifelsfall sogar über die des eigenen Bruders. Auch Prospero ist mehr kühl kalkulierender Politiker als weiser Magier: Besessen von seinen Racheplänen inszeniert und manipuliert er das Schicksal seiner Feinde ebenso wie das des von ihm brutal unterworfenen Inselvolks und sogar das seiner eigenen Tochter. Er steht damit exemplarisch für eine Gesellschaft, die sich im Politischen ebenso wie im Privaten – und stets im Namen der Gerechtigkeit – durch Machtansprüche und -kämpfe definiert: heute wie vor 400 Jahren.
Deutsch von B. K. Tragelehn
Regie führt Thomas Krupa, der am Schauspiel Essen bereits u. a. „Die Ästhetik des Widerstands“ nach dem Roman von Peter Weiss, die Uraufführung von Noah Haidles „Skin Deep Song“ und in der Spielzeit 2013/2014 Leo Tolstois „Anna Karenina“ in Szene gesetzt hat.
Bühne: Andreas Jander;
Kostüme: Nina Hofmann;
Musik: Mark Polscher;
Videografie: Stefano Di Buduo;
Dramaturgie: Florian Heller.
Mit: Matthias Breitenbach, Axel Holst, Lisan Lantin, Philipp Noack, Janina Sachau, Sven
Seeburg, Rezo Tschchikwischwili, Leopold von Verschuer, Jens Winterstein (Prospero).