Der Streit in der Theaterloge ist vorprogrammiert. Bernadette findet das Stück abturnend, Annette ist zu Tränen gerührt. Mitten im Clinch passiert es: die 97-jährige Mutter von Bernadette und Annette stirbt. Jetzt beginnt für die nicht mehr ganz taufrischen Schwestern eine Reise mit unbekanntem Ziel. Sie beschließen die Asche der Mutter im Grab ihres Vaters beizusetzen. Doch der Vater ist schon lange tot und die Schwestern haben nur bruchstückhafte Erinnerungen an sein Grab, das sie irgendwo im Norden Frankreichs vermuten.
Bei den unterschiedlichen Schwestern, deren Eigenarten und Marotten über die Jahre gereift sind, stehen Zank und Rechthaberei auf der Tagesordnung. Aber in schwierigen Situationen werden sie zu eingeschworenen Komplizen.
Kurzerhand wird die Asche der Mutter in einer Keksdose untergebracht und die Schwestern machen sich von Paris aus auf den Weg gegen Norden. Als sie am Zielbahnhof kein Taxi auffinden, entschließen sie sich, den Bus zu nehmen. Aber der Fahrer fehlt. Ohne Umstände setzt sich Annette hinter das viel zu große und ungelenke Steuer. Ein waghalsiges Unterfangen beginnt, denn Annette ist keine geübte Fahrerin - die Schwestern streifen 27 Autos auf ihrer verwegenen Busfahrt. Auf ihrer Reise von Friedhof zu Friedhof geraten sie ins Visier der Justiz, sie manövrieren sich mit gespielten Ohnmachten und hysterischen Anfällen durch jede Krise, rauchen, trinken und landen in einer Karaoke-Bar, kurz: sie lassen den Alltag hinter sich, fühlen sich jung und rebellisch. Die Reise in die Vergangenheit wird gleichzeitig eine Reise in die Zukunft, denn die beiden älteren Damen entdecken das Leben noch einmal neu.
Die Komödie erzählt mit bissigem Humor von den Schwierigkeiten des Älterwerdens, von ungelebten Träumen und dem Tod. Aber es geht um mehr als um die blanken Tatsachen des Alters. Die unkonventionelle Familienzusammenführung gerät zu einer abenteuerlichen Expedition, auf welchem sich die beiden eigenwilligen und schrulligen Schwestern weder zur Vernunft bringen, noch in ihrem Elan bremsen lassen. Der turbulente Roadtrip der etwas anderen Art sprudelt vor Situationskomik und ist nicht zuletzt eine Hommage an die Lebensfreude, denn wenn die Schwestern gar nicht weiter wissen, versuchen sie sich mit einem Chanson wieder Mut zu machen.
Für die szenische Lesung seines Stücks „Zwei nette kleine Damen auf dem Weg nach Norden“ hat Pierre Notte am 28. Juni 2009 den Publikumspreis der Deutsch-Französischen Autorentage in Karlsruhe erhalten (gestiftet von dem Karlsruher Veranstaltungsmagazin "INKARegio" und der Straßburger Internetplattform "transversalles.com").
„Ihre von trockenem Humor, schlagfertigen Dialogen und geschrammten Autos gespickte Odyssee am Steuer eines gekaperten Autobusses wurde von Ursula Grossenbacher und Lisa Schlegel so hinreißend umgesetzt, dass Schauspieldirektor Knut Weber eine „richtige“ Inszenierung in genau dieser Besetzung ankündigte“, so die BNN im Juni 2009. Nun ist es so weit und die beiden abgedrehten und skurrilen Heldinnen gehen on stage.
Deux petites dames vers le Nord
Eine Komödie (zeitweilig gesungen)
Deutsch von Dorothea Renckhoff und Fedora Wesseler
Inszenierung und Bühne: Matthias Bauerkamp |│
Kostümberatung: Ursina Zürcher │| Musik: N.N.
Mit: Ursula Grossenbacher (Bernadette), Lisa Schlegel (Annette)