Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Düstere IntrigeDüstere IntrigeDüstere Intrige

Düstere Intrige

"Otello" von Giuseppe Verdi in der Deutschen Oper am Rhein

Copyright: Hans Jörg Michel

 

Ein schwerer Sturm tobt vor der Küste, Zypern ist keine sonnige Mittelmeerinsel. In Michael Thalheimers Inszenierung von Verdis Oper "Otello" für die Deutsche Oper am Rhein ist es eine dunkle leere Guckkastenbühne, die den inneren Zustand der beiden Gegenspieler Otello und Jago nach außen kehrt. Beide sind vom Ehrgeiz Getriebene und daher Verblendete.

 

Neid, Missgunst, Rachsucht: Jago lebt seine düsteren Begierden aus. Und in seinem Credo, das man als Antithese zum christlichen Glaubensbekenntnis verstehen kann, verdeutlicht er seine nihilistische Lebenseinstellung. Die Intrige ist sein Mittel, um diese Haltung erfolgreich umzusetzen. Aber auch Otello, eigentlich der Gegenpart zu Jago, ist keine Lichtgestalt, lässt er sich doch nur allzu leicht in die Eifersucht treiben und lebt seine Wut bis zum bitteren Ende aus. Otello ist ein Aufsteiger, der sich seinen Platz in der Gesellschaft erkämpfen muss. Aufgrund seiner Herkunft und seiner Hautfarbe ist er ausgegrenzt. Er hat mit Selbstzweifeln zu kämpfen und ist daher leicht verwundbar.

 

Thalheimers Inszenierung zeigt, dass nicht eigentlich die Eifersucht Otellos das Thema der Oper ist, sondern der Machtkampf zwischen Zukurzgekommenem und Aufsteiger. Indem er darauf den Focus legt statt auf die Zweierkonstellation Otello-Desdemona, erzählt er die Geschichte noch einmal neu. Nur Desdemona bleibt das unschuldige Opfer, und so sind hier die zwei ihr zugewiesenen Attribute, das Taschentuch und ihr Brautkleid, das einzige Helle.

 

Von dem Tempo der Musik vorangetrieben, bleibt den Figuren keine Zeit für Reflexion. Otellos Handlungen sind reflexhaft, gleichzeitig bestätigen sie die Vorurteile gegen ihn, Jagos Intrige hat gegriffen!

 

Begeisterter Applaus für eine überaus spannende und in sich stimmige Inszenierung, in der Ian Storey als Otello und Boris Statsenko als Jago, sowie Jacquelyn Wagner als Desdemona brillierten.

 

Otello von Giuseppe Verdi

Dramma lirico in vier Akten

Libretto von Arrigo Boito nach Shakespeares „The Tragedy of Othello, the Moor of Venice“

Eine Koproduktion mit der Opera Vlaanderen

 

Musikalische Leitung: Axel Kober

Inszenierung: Michael Thalheimer

Bühne: Henrik Ahr

Kostüme: Michaela Barth

Licht: Stefan Bolliger

Chorleitung: Gerhard Michalski

Dramaturgie . Luc Joosten

 

Otello: Ian Storey

Jago: Boris Statsenko

Desdemona . Jacquelyn Wagner

Emilia: Sarah Ferede

Cassio: Ovidiu Purcel

Roderigo: Florian Simson

Lodovico: Bogdan Talos

Montano: David Jerusalem

Ein Bote: Dong-In Choi

Chor: Chor der Deutschen Oper am Rhein

Orchester: Düsseldorfer Symphoniker

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 12 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

JAGENDE HORN-PASSAGEN -- Neue CD von Helmut Lachenmann "My Melodies" bei Naxos (BR Klassik - musica viva)

Ein kompositorischer Umgang mit dem Phänomen Melodie steht im Mittelpunkt der Komposition "My Melodies" für acht Hörner und Orchester des 1935 in Stuttgart geborenen Helmut Lachenmann. Unter der…

Von: ALEXANDER WALTHER

VOLLENDETER FORMALER AUFBAU -- Bachs Matthäus-Passion mit den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben in der Stiftskirche STUTTGART

Für Karfreitag 1729 schrieb Johann Sebastian Bach seine "Matthäus-Passion" BWV 244 und arbeitete sie dann noch dreimal um. Der vollendet ausgewogene Aufbau dieses Meisterwerks kam in der Aufführung…

Von: ALEXANDER WALTHER

SCHONUNGSLOSE SELBSTERKENNTNIS --- John Gabriel Borkman im Schauspielhaus Stuttgart

Henrik Ibsen ist der Dramatiker der schuldhaft versäumten Selbstemanzipation. Er setzt sich schonungslos mit den Lebenslügen der Menschen auseinander. Seiner Devise "Dichten ist Gerichtstag halten…

Von: ALEXANDER WALTHER

DRAMATISCH GEBALLTER ABLAUF --- Verdi Operngala im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Vorwiegend Spätwerke Giuseppe Verdis standen bei dieser sehr gelungenen Operngala auf dem Programm. Die vorzüglich musizierende Württembergische Philharmonie Reutlingen unter der inspirierenden…

Von: ALEXANDER WALTHER

FEINSTE SCHATTIERUNGEN DES GEFÜHLS -- Stuttgarter Philharmoniker unter Gabriel Feltz mit Berg und Brahms in der Liederhalle Stuttgart

Wieder konnte man als "Minutenstück" eine interessante Komposition eines Studenten der Kompositionsklasse von Prof. Marco Stroppa an der Stuttgarter Musikhochschule hören. Der 1987 in Mailand geborene…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑