Die Beschäftigung mit Musik, Literatur und Malerei ist für die „Turm-Bewohner“ ein Überlebensmittel, das innere Freiheit verschafft, wo ansonsten Anpas-sungsdruck herrscht.
Sein Vater Richard ist ein erfolgreicher Chirurg. Als seine Affäre mit einer jungen Kollegin benutzt wird, um ihn zur Informantentätigkeit zu erpressen, gerät sein Leben in eine Schief-lage. Seine Frau Anne ist immer weniger bereit, die duldende Ehefrau zu spielen und sucht Anschluss an die Bürgerbewegung, die schließlich das System zum Sturz bringen wird.
Christian wird zur Armee eingezogen und lernt das extreme Gegenteil zur bildungsseligen, vergangenheitsverliebten „Turm-Welt“ kennen: krude Machtrituale und Dumpfheit. Als Pan-zerkommandant ist er verantwortlich für einen Unfall, bei dem ein Soldat stirbt. Er wird verur-teilt, kommt in den Armeeknast und in die Produktion. Unvermutet trifft er aber auch hier auf Menschen, die ihm helfen. Als er im Herbst 1989 mit seiner Einheit nach Dresden ausrücken muss, entdeckt er seine Mutter unter den Demonstranten.
„Dieses Buch wird bleiben“, schreibt Gustav Seibt in der Süddeutschen Zeitung. „Der Turm“ trägt autobiografische Züge und wurde 2008 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. 2004 erhielt Uwe Tellkamp bereits den Ingeborg-Bachmann-Preis für seine Erzählung „Der Schlaf in den Uhren“. 2009 wurde er mit dem Deutschen Nationalpreis und dem Literatur-preis der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgezeichnet.
Was Tellkamps Roman so attraktiv für Theater macht, ist, dass hier Geschichte in Geschich-ten erzählt wird. „Der Turm“ ist ein Familien-und Entwicklungsroman (vom Feuilleton augen-zwinkernd als „die Buddenbrooks der DDR“ apostrophiert), und er ist zugleich eine märchen-hafte Parabel auf das Leben in einer Diktatur. Dabei konterkarieren Tellkamps detailreiche Schilderungen, seine lebensprallen Figuren und das exklusive „Turm“-Milieu manches Kli-schee von der „grauen“ und antibürgerlichen DDR und zeigen die verborgenen, vielfältig schillernden Seiten des Lebens in diesem Land.
Nach der Uraufführung des „Turms“ in Dresden ist Wiesbaden das zweite Theater, das Uwe Tellkamps Roman in einer Bühnenadaption zeigt (die Fassung von John von Düffel wird hier erstmals aufgeführt; die Dresdner Fassung ist von Jens Groß und Armin Petras).
bearbeitet von Dagmar Borrmann und Tilman Gersch
Inszenierung Tilman Gersch
Bühne und Kostüme Ariane Salzbrunn
Dramaturgie Dagmar Borrmann
Mit: Michael von Burg (Christian Hoffmann), Lars Wellings (Richard Hoffmann), Doreen Nixdorf (Anne Hoffmann, Verena), Jörg Zirnstein (Meno, Daniel), Sybille Weiser (Judith Schevola, Josta) Lissa Schwerm (Ina, Reina), Michael Birnbaum (Dr. Wernstein, Jens, Pfannkuchen), Uwe Kraus (Dr. Weniger, Dr. Sperber, Fisch), Wolfgang Böhm (Dr. Müller, René Kaminski, Offizier, Fahner, Baron von Arbogast, Richtschütze, Militärrichter), Benja-min Krämer-Jenster (Schnürchel, Feldwebel, Hantsch, Munderloh), Michael von Bennig-sen (Siegbert, Timo Kaminski, Burre), Zygmunt Apostol (Das alte Dresden, Asza Bur-meister), Ensemble
Weitere Vorstellungen:
Mi 24.11., Do 2.12., Fr 10.12., Sa 18.12., So 26.12.2010, jeweils 19.30 Uhr, Kleines Haus