Lieber zählt er die Sandkörner auf seinem Handrücken, sieht den vorbeiziehenden Wolken nach und führt Wortgefechte mit seinem Freund
Valerio. Er will Prinzessin Lena nicht heiraten und König werden. Eher seine Demission als Mensch geben, als ein nützliches und moralisches Mitglied der Gesellschaft sein. Doch eben dies hat sein Vater, König Peter vom Reiche Popo, mit ihm vor. Die ihm zugedachte Braut, Prinzessin Lena vom Reiche Pipi, will in die Zwangsheirat mit einem Unbekannten ebenfalls nicht einstimmen. Und so beschliessen beide – unabhängig voneinander – die Flucht. Begleitet von Valerio, macht sich Leonce auf den Weg nach Italien.
Doch der Zufall – oder die Vorsehung? – will es anders: Auf der Flucht treffen die beiden Königskinder aufeinander ohne sich zu erkennen. Sie verlieben sich und kehren maskiert ins Reich Popo zurück um zu heiraten und entwerfen mit der Unterstützung von Valerio die Utopie einer besseren Gesellschaft. Dem Fatalismus dieser Ereignisse entspricht der ironisch-melancholische Grundton dieses virtuosen Stücks: Revolutionärer Geist und jugendliche Auflehnung erschöpfen sich im Leiden an der Welt, im Rückzug in
das private und persönliche Weltempfinden, in der Suche nach dem perfekten Moment, in der Sehnsucht nach der alles erlösenden Empfindung – ohne wirkliche Hoffnung auf Veränderung.
Georg Büchners Lustspiel von 1836 ist ein sprachliches Meisterwerk, das philosophische und politische Themen mit grösster Leichtigkeit verknüpft und dabei direkt ins Zentrum jugendlicher Erfahrungswelten zielt. Es formuliert den Widerstand gegen vorgefertigte Lebensläufe, stellt aber auch die Frage nach der realen Möglichkeit von Utopien, im Privaten wie im Gesellschaftlichen. Gibt es eine Freiheit der Entscheidung, oder sind jegliche Versuche, sein Leben autonom zu gestalten, zum Scheitern verurteilt?
Entstanden im historischen Kontext zwischen revolutionärem Aufbruch und autoritärer, staatlicher Repression, ist Georg Büchners kritisches Stück in seiner Suche nach Handlungsspielräumen und Lebensentwürfen ungebrochen brisant.
MIT: Samia von Arx, Daniela Britt, Jeanne Devos, Newa Grawit, Wiebke Kayser, Jörg Dathe, Manuel Kühne, Christoph Künzler, Samuel Zumbühl
PRODUKTIONSTEAM: Andreas Herrmann (Inszenierung), Max Wehberg (Bühne), Catherine Voeffray (Kostüme), Jacob Suske (Musik), Caroline Weber (Dramaturgie)
WEITERE VORSTELLUNGEN: Do 30.10., Sa 1.11., So 9.11., Sa 15.11., Mi 19.11., Fr 5.12., So 7.12. (13.30 Uhr), Do 11.12., So 14.12.2008 (20.00 Uhr), So 4.1. (20.00 Uhr), Mi 7.1., So 25.1. (13.30 Uhr), Do 29.1., Sa 31.1., Fr 6.2.2009, jeweils 19.30 Uhr
www.luzernertheater.ch