In Christopher Haningers Werkstattinszenierung für das Saarländische Staatstheater hat das Stück das Publikum für sich eingenommen. Der "Primeurs"-Autorenpreis ist mit 3000 Euro dotiert und wurde auch in diesem Jahr vom gesamten Festivalpublikum per Stimmkarten vergeben. Gestiftet wird er vom Saarländischen Rundfunk und dem Verein der Freunde des SST.
Die siebte Ausgabe von "Primeurs" war ein großer Erfolg bei Publikum und Autoren; an drei Tagen wurden sechs neue Theaterstücke aus Frankreich, Kanada und dem Kongo in einem Live-Hörspiel, szenischen Lesungen und Werkstattinszenierungen präsentiert. Auch der Festivalauftakt im Carreau in Forbach (Rebekka Kricheldorfs Stück "Robert Redfords Hände selig" in französischer Sprache), das Rahmenprogramm mit einem Seminar an der Universität des Saarlanes, einem Workshop "Live-Übersetzen" mit dem Autor Fabien Cloutier und seinem Übersetzer Frank Weigand und einem Theaterworkshop zu Julien Mabiala Bissilas Stück "Crabe Rouge" ist sehr gut angenommen worden. Das Festival ist am späten Samstagabend mit der Preisverleihung und anschließender Abschlussparty zu französischer Musik von "DJ Musette" alias Gerd Heger in bester Stimmung zu Ende gegangen.
Mit der Bitte um Veröffentlichung.
Fotos Guillaume Corbeil und Preisverleihung: Tomas M. Jauk, stage picture
Weitere Informationen zu Stück und Autor
MAN SIEHT SICH
von Guillaume Corbeil
aus dem kanadischen Französisch von Frank Heibert
Werkstattinszenierung in deutscher Sprache Christopher Haninger
Produktion Saarländisches Staatstheater
Fünf Personen stellen sich vor: Über ihre Profile bei Facebook, über endlose "Gefällt mir"- Listen, über die Fotos, die sie von sich zeigen, über ihre Videos. Wer sich hinter diesen Masken sozialer Netzwerke verbirgt, bleibt lange im Ungefähren. Was harmlos beginnt, entwickelt sich in Corbeils Text zu einer makabren Demaskierung einer an der Oberfläche erstarrten Gesellschaft.
"Facebook ist ein so reiches Thema", sagt Guillaume Corbeil. "Das Netz zwingt uns, uns fundamentale Fragen über unsere Gesellschaft zu stellen: Was heißt es zu leben? Wo leben wir? Wer sind wir? 'Man sieht sich' ist auch ein Stück über den Verlust der Sprache. Wir klicken bei Facebook 'Gefällt mir' und tauschen auf Youtube Videos aus. Man liebt, aber man hat sich nichts zu sagen und definiert sich über die Worte der Anderen."
"Man sieht sich" gehörte 2012 zu den Siegern des Wettbewerbs "Neue Theaterstücke aus Kanada", der von der Botschaft von Kanada und der Vertretung der Regierung von Québec ausgelobt wurde. Das Centre des auteurs dramatiques (CEAD) und das Conceil des arts et des lettres du Québec (CALQ) förderten die Übersetzung.
Guillaume Corbeil, 1980 in Coteau-Station (nahe Montreal) geboren, hat 2008 eine Sammlung mit Kurzgeschichten unter dem Titel "L'art de la fugue" veröffentlicht; er war im Rennen für den Prix du Gouverneur général in Kanada und ist mit dem Prix Adrienne Choquette ausgezeichnet worden. Sein erster Roman, "Pleurer comme dans les films", ist im September 2009 erschienen. Außerdem verfasste er eine Biografie des kanadischen Regisseurs André Brassard. 2011 hat er das Studium Szenisches Schreiben an der Ecole nationale de théâtre du Canada abgeschlossen. Nach den "Primeurs"-Preisträgern Evelyne de la Chenelière / Daniel Brière (2009) und Jennifer Tremblay (2010) ist Guillaume Corbeil der dritte Frankokanadier.
Das Festival
Das unter der Intendanz von Dagmar Schlingmann ins Leben gerufene Autorenfestival versammelt alljährlich sechs neue Theaterstücke von frankophonen Autoren aus aller Welt. "Primeurs" findet in Kooperation mit SR2 KulturRadio, Le Carreau, scène nationale de Forbach et de l'est mosellan und dem Institut Français statt und ist zu einer der wichtigsten Plattformen für die Vermittlung frankophoner Dramatik herangewachsen. Bedeutende und mit hohen literarischen Preisen ausgezeichnete Autoren wie Marie N´Diaye und Joël Pommerat wurden hier zum ersten Mal gezeigt. In Publikumsgesprächen und Diskussionen mit Autoren, Übersetzern und Vertretern der französischen Autorenvereinigung SACD fand auch 2013 ein lebhafter Austausch über zeitgenössische Dramatik statt.