Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
„Il tabarro & Gianni Schicchi” von Giacomo Puccini im Theater Bremen„Il tabarro & Gianni Schicchi” von Giacomo Puccini im Theater Bremen„Il tabarro & Gianni...

„Il tabarro & Gianni Schicchi” von Giacomo Puccini im Theater Bremen

Premiere 16. April 2017, 18 Uhr im Theater am Goetheplatz. -----

Auf den ersten Blick erscheinen die beiden Einakter vor allem als Gegensätze: „Gianni Schicchi“, die quirlige Schelmenkomödie um einen Testamentsbetrug und das düstere, tödlich endende Beziehungsdrama „Il tabarro“, in dem der sprichwörtliche Mantel des Schweigens über das Erbe der Vergangenheit geworfen wird.

 

Regisseur Martin G. Berger fokussiert sich in seiner ersten Regiearbeit am Theater Bremen aber hauptsächlich auf die Gemeinsamkeiten der beiden Werke. Beide Einakter seien in der Wirklichkeit verhaftete, sozialkritische Miniaturen: „In beiden Opern werden starke Hierarchien zwischen Arm und Reich, Fremdem und Eigenem erzählt – das sind Themen, die in unserer Welt gerade eine große Rolle spielen“, so der Regisseur. In seiner Inszenierung wird „Gianni Schicchi“ zur Rahmenhandlung, in der ein Künstlerkollektiv den sozialkritischen Film „Il tabarro“ über die ungerechten Verhältnisse der Gesellschaft dreht. Als der Geldgeber der Filmcrew Buoso Donati jedoch stirbt und sein Geld an karitative Organisationen vererbt, wird die doppelte Moral der Crew entlarvt, denn plötzlich tritt der Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit hinter der eigenen Angst, finanziell übervorteilt zu werden, zurück.

 

Martin G. Berger löst die Einakter „Il tabarro“ und „Gianni Schicchi“ aus Puccinis Opernzyklus „Il trittico“ heraus und verquickt sie zu einer Film Noir-inspirierten Stück-in-Stück-Produktion. Im Spannungsfeld zwischen Milieudrama und schwarzer Komödie, zwischen Puccinis veristischer Musik und der stark medial geprägten Inszenierung von Martin G. Berger – der Film „Il tabarro“ wird während der Vorstellung live gedreht – treten die beiden Einakter in einen spannenden Dialog. Das Bühnenbild von Sarah-Katharina Karl erinnert bewusst an den Filmklassiker „La piscine“ („Der Swimmingpool“) mit Romy Schneider und Alain Delon, denn auch dort schwelt ein lange unausgesprochener Paarkonflikt, der vor allem durch Blicke ausgetragen wird. Dies gilt auch für Bergers Inszenierung: „Das Filmset ermöglicht es uns, unglaublich genau die intensiven Blicke, mit denen sich Giorgetta und Michele beobachten, auszuloten.“

 

Martin G. Berger, geboren 1987 in Berlin, ist Regisseur, Autor, Performer und Übersetzer. Von 2009 bis 2011 war er als Regieassistent und Abendspielleiter fest an der Oper Dortmund engagiert, bevor er im Anschluss in selber Position an die Staatsoper Hannover wechselte. Dort erhielt er für seine Inszenierung „Die Fledermaus“ im großen Haus der Staatsoper Hannover 2015 den Karan-Armstrong-Preis der Götz-Friedrich-Stiftung. Auch in der Freien Szene machte Berger sich mit seinem eigenen Label „hier:Leben“ einen Namen. Mit Puccinis Einaktern „Il tabarro & Gianni Schicchi“ zeigt er seine erste Arbeit am Theater Bremen.

 

Musikalische Leitung: Hartmut Keil

Regie: Martin G. Berger

Bühne: Sarah-Katharina Karl

Kostüme: Rebekka Zimlich

Video: Daniel M. G. Weis

Dramaturgie: Isabelle Becker

 

Mit:

Patricia Andress, Romualdas Batalauskas, Wolfgang von Borries, Martin Busen, Sungkuk Chang, Christian-Andreas Engelhardt, Julius Jonzon, Loren Lang, Nathalie Mittelbach, Luis Olivares Sandoval, Nerita Pokvytytė, Mateng Pollkläsener, Birger Radde, Daniel Ratchev, Anna-Maria Torkel, Patrick Zielke.

 

Es spielen die Bremer Philharmoniker.

 

 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 15 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

JAGENDE HORN-PASSAGEN -- Neue CD von Helmut Lachenmann "My Melodies" bei Naxos (BR Klassik - musica viva)

Ein kompositorischer Umgang mit dem Phänomen Melodie steht im Mittelpunkt der Komposition "My Melodies" für acht Hörner und Orchester des 1935 in Stuttgart geborenen Helmut Lachenmann. Unter der…

Von: ALEXANDER WALTHER

VOLLENDETER FORMALER AUFBAU -- Bachs Matthäus-Passion mit den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben in der Stiftskirche STUTTGART

Für Karfreitag 1729 schrieb Johann Sebastian Bach seine "Matthäus-Passion" BWV 244 und arbeitete sie dann noch dreimal um. Der vollendet ausgewogene Aufbau dieses Meisterwerks kam in der Aufführung…

Von: ALEXANDER WALTHER

SCHONUNGSLOSE SELBSTERKENNTNIS --- John Gabriel Borkman im Schauspielhaus Stuttgart

Henrik Ibsen ist der Dramatiker der schuldhaft versäumten Selbstemanzipation. Er setzt sich schonungslos mit den Lebenslügen der Menschen auseinander. Seiner Devise "Dichten ist Gerichtstag halten…

Von: ALEXANDER WALTHER

DRAMATISCH GEBALLTER ABLAUF --- Verdi Operngala im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Vorwiegend Spätwerke Giuseppe Verdis standen bei dieser sehr gelungenen Operngala auf dem Programm. Die vorzüglich musizierende Württembergische Philharmonie Reutlingen unter der inspirierenden…

Von: ALEXANDER WALTHER

FEINSTE SCHATTIERUNGEN DES GEFÜHLS -- Stuttgarter Philharmoniker unter Gabriel Feltz mit Berg und Brahms in der Liederhalle Stuttgart

Wieder konnte man als "Minutenstück" eine interessante Komposition eines Studenten der Kompositionsklasse von Prof. Marco Stroppa an der Stuttgarter Musikhochschule hören. Der 1987 in Mailand geborene…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑