Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
KÄTHE HERMANN, Schauspiel von Anne Lepper, Wuppertaler BühnenKÄTHE HERMANN, Schauspiel von Anne Lepper, Wuppertaler BühnenKÄTHE HERMANN,...

KÄTHE HERMANN, Schauspiel von Anne Lepper, Wuppertaler Bühnen

Premiere 24. November 2012, 20:00 Uhr im Kleinen Schauspielhaus. -----

Wie ein Damoklesschwert hängt die Abrissbirne über Käthe Hermanns Haus. Es soll dem Braunkohletagebau weichen.

Doch nicht mit Käthe! Die hat in ihrem Leben schon viel zu viel anderen Menschen geopfert. Zum Beispiel ihrem verstorbenen Mann Hans und den zwei Kindern ihre Karriere als Tänzerin. Nun ist sie an der Reihe: Zwangsumsiedlung kommt nicht in Frage, ganz im Gegenteil: ‚ab sofort wird über Braunkohle nur noch gelacht'. Und das Geld für die Umsiedlung wird in die Renovierung des zu räumenden Hauses gesteckt.

 

Käthe Hermann ist von ihrer späten Karriere als Primaballerina überzeugt, da geben ihre beiden Kinder im fortgeschrittenen Alter, Irmi und Martin, das ideale Publikum ab, wenn sie allabendlich in ihren vier Wänden die eigenen Auftritte inszeniert; mit Martin am Ton und Irmi am Licht. Dominant und mit maßlosen Illusionen ausgestattet hält Käthe das kleine Widerstandskollektiv gegen den Kohleabbau zusammen. Die Außenwelt existiert entweder nur noch als Bedrohung oder als imaginiertes Publikum für Käthes späten Weltruhm. Doch Tochter Irmi will ihr Leben nicht Käthes Vision anpassen; sie

widersetzt sich zunehmend den überbordenden Phantasmagorien ihrer Mutter. Irmi träumt von der Rückkehr ihres Sohnes und einem gemeinsamen Neuanfang jenseits des Abbaukraters. Martin, offenbar gelähmt, hat bescheidenere Glücksvorstellungen: er möchte einfach mal jemand anderes sein.

 

In dieser hermetischen Welt reiben sich die jeweiligen Glücksvorstellungen aneinander, bis der Konflikt zwischen Käthe und Irmi offen zutage tritt. Denn für Käthe gibt es nur eine denkbare Zukunft: dass sie mit ihrem späten Welterfolg alle materiellen Sorgen aus der Welt schafft und Bundeskanzlerin Merkel sowie die ganze Weltöffentlichkeit auf sie aufmerksam wird.

 

Die Wuppertaler Autorin Anne Lepper, die gerade als Nachwuchsdramatikerin des Jahres ausgezeichnet wurde, hat in ihrer ganz eigenen, grotesk zugespitzten Sprache ein Stück über eigene Glücksverheißungen und deren Kollision mit der Umwelt geschrieben. Mit Situationen, die zwischen Komik und Grauen wechseln, hat sie ein skurriles Familienpanoptikum geschaffen. In dieser kleinsten gesellschaftlichen Einheit, der Familie, begegnen uns Figuren, denen nichts mehr geblieben ist

außer ihren Träumen und Illusionen. Mit ihren egozentrischen Bestrebungen zum Glück verweist symbolisch diese Familie auf unsere Gesellschaft im Ganzen.

 

Käthe Hermann ist nach Prinzessinnendramen von Elfriede Jelinek und dem Projekt Märchenwald die dritte Inszenierung des jungen Wuppertaler Regisseurs Jakob Fedler an den Bühnen. Ansonsten inszeniert Jakob Fedler in Berlin, Erlangen, Heidelberg und Weimar.

 

Inszenierung: Jakob Fedler

Bühne und Kostüme: Dorien Thomsen

Musik: Michael Haves

Dramaturgie: Sven Kleine

 

Mit: Sophie Basse, Anne-Catherine Studer, Lutz Wessel

 

Die nächsten Vorstellungen sind am 28. und 29. November sowie am 06. und 08. Dezember im Kleinen

Schauspielhaus.

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 14 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EIN BEWEGENDER FEUERREITER -- Liedmatinee - Verleihung der Hugo-Wolf-Medaille in der Staatsoper Stuttgart

Die New York Times bezeichnete das Liedduo Christian Gerhaher (Bariton) und Gerold Huber (Klavier) als "größte Liedpartnerschaft der Welt". Dies betonte Kammersängerin Christiane Iven in ihrer…

Von: ALEXANDER WALTHER

NEUE SPHÄREN IM LICHTKEGEL -- Sao Paulo Companhina de Danca im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Mit der Deutschen Erstaufführung von "The Eight" gedenkt der Choreograph Stephen Shropshire des 200. Geburtstags von Anton Bruckner. In den Kostümen von Fabio Namatame erklingt das Finale von…

Von: ALEXANDER WALTHER

REIZVOLLES SPIEL MIT KLASSISCHEN FORMEN -- Konzertabend beim deutsch-türkischen Forum mit Gülsin Onay und Erkin Onay im Hospitalhof STUTTGART

Sie ist Staatskünstlerin der Türkei und eine renommierte Pianistin: Gülsin Onay. Sie trat auch mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks auf. Zusammen mit ihrem Sohn Erkin Onay (Violine)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EXPLOSIVE KLANGMISCHUNG -- "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky bei NAXOS (BR KLassik)

Nicht sonderlich erfolgreich geriet die Stuttgarter Uraufführung der einaktigen Oper "Eine florentinische Tragödie" von Alexander Zemlinsky im Jahre 1917 unter der Leitung von Max von Schillings. In…

Von: ALEXANDER WALTHER

Die ganze Wahrheit? -- „True Crime“ - Andrey Kaydanovskiy | Hege Haagenrud | Demis Volpi in der Deutschen Oper am Rhein

Drei tänzerische Perspektiven zu Wahrheit und Fiktion: Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, Hege Haagenrud „The Bystanders“, Demis Volpi „Non-Fiction Études“  

Von: Dagmar Kurtz

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑