Die Jury – in diesem Jahr erstmals unter der Leitung von Gerard Mortier – zeichnet seit 2003 jährlich eine herausragende Tanz- und Theaterproduktion aus. Preis und Festival sind dem russischen Kunstkritiker, Herausgeber, Kurator und Impresario Sergei Diaghilev gewidmet, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich dazu beitrug, die russische Kunst, insbesondere das Ballett, auch im westlichen Ausland bekannt zu machen.
Neben Martin Schläpfers Kreation für das Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg sind sechs weitere Produktionen von Künstlern wie Christoph Marthaler und Robert Wilson, Anne Teresa De Keersmaeker und La Fura dels Baus nominiert.
Das Ballett am Rhein Düsseldorf Duisburg zeigt „Ein Deutsches Requiem“ in der kommenden Spielzeit wieder: ab 15. September 2012 steht die Choreographie im Theater Duisburg auf dem Spielplan, ab 22. Dezember auch im Opernhaus Düsseldorf.
Ein Deutsches Requiem
Martin Schläpfer
„Bestes Saisonende je!“, schrieb Wiebke Hüster in der FAZ über Martin Schläpfers im Juli 2011 uraufgeführtes Ballett „Ein Deutsches Requiem“. Und die Süddeutsche Zeitung übertitelte die Kritik von Dorion Weickmann: „Auf Augenhöhe mit Gott. Martin Schläpfer verwandelt in Düsseldorf ‚Ein Deutsches Requiem‘ von Johannes Brahms in eine Schöpfungsliturgie.“ Der von Publikum wie Presse gleichermaßen umjubelte Ballettabend feiert im September 2012 seine Premiere im Theater Duisburg und steht ab Dezember auch im Opernhaus Düsseldorf wieder auf dem Programm.
Der Tod ist Trennung vom Anderen, er ist zugleich aber auch eines der größten Mysterien, Annäherung an das Unerforschliche, Kommunikation mit den Quellen des Seins und dem Unendlichen. Johannes Brahms spürte eine starke Affinität zu diesen Themen und näherte sich in zahlreichen Kompositionen immer wieder aufs Neue dem Geheimnis des menschlichen Lebens und Sterbens. Mit seinem in der vollständigen Fassung 1869 im Leipziger Gewandhaus uraufgeführten „Deutschen Requiem“ op. 45 nach Worten der Heiligen Schrift für Sopran, Bass-Bariton, Chor und Orchester schuf er eine Komposition, die in ihrer höchst individuellen Gestaltung innerhalb der Musiklandschaft des 19. Jahrhunderts singulär dasteht.
Ratlosigkeit, Resignation, Erdulden, aber auch Hoffen und Sehnen, Akzeptieren, Erbarmen und Trost – all das verwandelte Martin Schläpfer in seiner Auseinandersetzung mit Brahms’ Komposition in ein Ballett, das ein Tanzen in den Zwischenräumen ist. Dabei zeigt er – wie Angela Reinhardt auf www.tanznetz.de über die Uraufführung bemerkte, „nicht die Antwort“, sondern die Frage. „Sein Ballett ist weder getanzte Philosophie noch getanzte Religion.“ Wissend, dass es ein Ziel nie erreichen wird, ist es das eindringliche Suchen und Forschen nach den letzten Fragen des Menschseins in einer musikalisch-choreographischen Gedankenwelt, die in ihrem Reichtum an Imaginationen unerschöpflich scheint und aus deren Zweifel eine ganz eigene, melancholische Schönheit erwächst. Dabei entzieht sich Martin Schläpfer konsequent einer Ästhetisierung der Vergänglichkeit, um vielmehr die existenzielle Suche des Menschen im Kunstwerk aufzuzeigen. Mit dem Tanz, jener körperlichsten und zugleich flüchtigsten der Bühnenkünste, die am engsten verschwistert ist mit der Transzendenz, gelingt es ihm, in jene Risse und Klüfte des Lebens vorzudringen, in denen „etwas fehlt“ und die über das Gegebene weit hinausweisen.
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EIN DEUTSCHES REQUIEM
Martin Schläpfer
MUSIK
„Ein Deutsches Requiem“ nach Worten der Heiligen Schrift für Sopran, Bass-Bariton, vierstimmigen Chor und Orchester op. 45 von Johannes Brahms
Choreographie Martin Schläpfer
Musikalische Leitung Axel Kober
Bühne Florian Etti
Kostüme Catherine Voeffray
Licht Volker Weinhart
Chorleitung Gerhard Michalski
Sopran Sylvia Hamvasi / Anke Krabbe
Bariton Laimonas Pautienius / Dmitri Vargin
Chor Chor der Deutschen Oper am Rhein
Orchester Duisburger Philharmoniker / Düsseldorfer Symphoniker
Weitere Informationen zum Diaghilev-Preis und zum Diaghilev-Festival: diaghilevfest.perm.ru/en.