Zugleich ist „Kasimir und Karoline“ ein tragisch-komisches Lehrstück über eine Zeit, in der Verzweiflung und Armut den Weg für eine Politik ebneten, die für das Menschliche gänzlich erblindet war. Horváth gilt als sozialkritischer „Klassiker der Moderne“.
München, 1932. Kasimir und Karoline gehen aufs Oktoberfest. Karoline, eine Büroangestellte, möchte sich amüsieren. Kasimir, ein Chauffeur, hat gerade seine Arbeit verloren. Als Karoline sich mit dem einsamen Schürzinger anfreundet, wirft Kasimir ihr Opportunismus vor und die beiden trennen sich im Streit. Während sich Karoline mit Schürzinger in die Festatmosphäre stürzt, betrinkt sich Kasimir im Bierzelt mit dem Kleinkriminellen Franz und seiner Erna. Im Laufe des Abends begegnen sich Kasimir und Karoline immer wieder, nur um, Magnetpolen gleich, von einander abgestoßen zu werden. Karoline driftet in die Peripherie der Macht, umworben von den im Luxus schwelgenden Funktionären Rauch und Speer, während Kasimir mit dem Merkl Franz und seiner Erna an den Rand der Gesellschaft gerät ...
Bernhard Stengele, der neue Schauspieldirektor, hat sich für seine erste Inszenierung bei Theater&Philharmonie Thüringen Ödön von Horváths Volksstück „Kasimir und Karoline“ ausgewählt.
Das 1932 in Berlin uraufgeführte vielgespielte und auch verfilmte Stück des bekannten österreichisch-ungarischen Autors kommt damit erstmals in Gera und Altenburg auf die Bühne. Zuletzt wurden hier von ihm 1997 „Geschichten aus dem Wiener Wald“ gespielt.
Regisseur Bernhard Stengele arbeitete auch an seiner bisherigen Wirkungsstätte, dem Mainfranken Theater Würzburg, mehrfach mit der Bühnen- und Kostümbildnerin Marianne Hollenstein zusammen, die hier nicht nur Bühnenbild und Kostüme entwirft, sondern selbst Teil der Inszenierung ist. Als Otto Dix wird sie in jeder Vorstellung auf der Bühne präsent sein und ein Bild malen. Marianne Hollensteins Konzept für die Kostüme liegen Otto-Dix-Figuren zugrunde. Der 1891 in Gera-Untermhaus geborene Maler hatte seine intensivste Schaffensperiode von 1920 bis 1933, in eben der Zeit, als auch Horváth sein Stück „Kasimir und Karoline“ schrieb. Das Thema: „Der Mensch in der Wirtschaftskrise“ beschäftigte beide Künstler.
Marianne Hollenstein lebt in Ulm und Basel. Von 1989 bis 1993 studierte sie Szenographie in Charleville-Mézières/Frankreich. 1999 erhielt sie den Förderpreis der Akademie der Künste Berlin. Von 2001 bis 2004 war sie Ausstattungsleiterin am Hans-Otto-Theater Potsdam. Seit 2004 ist sie freischaffend tätig und kann auf Theaterarbeiten, Ausstellungen von Malerei und Installationen in Berlin, Basel, Zürich, Wiesbaden, Karlsruhe, Dessau, Saarbrücken, Ulm, München, Würzburg, Braunschweig verweisen. 2011 konnte sie auch in Peking ausstellen.
In Gera hat sie längst ihre Visitenkarte abgegeben: für das Puppentheater schuf sie die Ausstattungen zu „Pero oder Die Geheimnisse der Nacht“ (Regie: Astrid Griesbach) und „Honki im Schattenland“ (Regie: Ingrid Fischer).
Marianne Hollenstein ist als bildende Künstlerin eine Wanderin zwischen den Welten, die sich immer wieder aus der Malerei ihre Inspiration für die Bühne holt und auch auf umgekehrtem Weg produktiv wird. „Oh Du mein Kasimir“ – so heißt eines der Bilder, die während einer Probe entstehen. Jedes Bild wird einen markanten Satz aus dem Stück zum Thema und Titel haben. Marianne Hollenstein sagt: „Es ist ein Schauspiel auf der Leinwand. In zwei Stunden male ich alle Eindrücke und Erfahrungen, die die Figuren im Stück machen.“
Interessenten haben die Möglichkeit, die auf diese besondere Weise in knapp zwei Stunden entstehenden Werke zu erwerben. Der Preis ist verhandelbar.
Schauspielkapellmeister Olav Kröger übernimmt die musikalische Leitung in dieser Inszenierung mit viel Musik.
In den Rollen von Kasimir und Karoline stellen sich zwei neuengagierte Schauspieler vor, die aus Würzburg nach Ostthüringen kommen: Philipp Reinheimer und Anne Diemer.
In weiteren Rollen: Ulrich Milde (Rauch), Bruno Beeke (Schürzinger), Manuel Struffolino (Der Merkel Franz), Katharina Weithaler (Dem Merkel Franz seine Erna), Nora Undine Jahn (Elli), Mechthild Scrobanita (Maria) und Vanessa Rose (Juanita, Dame mit Bart).
Als Kleindarsteller ist die Gruppe von 10 Langzeitarbeitslosen über 50 Jahre, die in der TheaterFABRIK das Schattentheater HERR JENSEN STEIGT AUS auf die Bühne brachte, mit von der Partie. Wie sich zeigt, hat die Aktivierungsmaßnahme innerhalb des Teilprojektes von COOP[+]³ „Impuls 50plus“ gewirkt und Theaterbegeisterung zu Tage gefördert. In der Choreografie von Nanna Przetak wird mit den Kleindarstellern in der Inszenierung von Bernhard Stengele eine beklemmende Oktoberfest-Atmosphäre entstehen.