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Olga Neuwirth komponiert "Orlando" im Auftrag der Wiener Staatsoper

Im Zuge des Schwerpunktes zu zeitgenössischer Musik, der in den nächsten Spielzeiten den Spielplan der Wiener Staatsoper prägen wird, hat Staatsoperndirektor Dominique Meyer für die nächsten fünf

Spielzeiten fünf Kompositionsaufträge fixiert. Das chronologisch letzte Uraufführungsprojekt: Olga Neuwirth komponiert für die Wiener Staatsoper die Oper "Orlando" basierend auf Virginia Woolfs gleichnamigem Roman. Das Libretto besorgt die franko-amerikanische Autorin und Dramatikerin Catherine Filloux.

Orlando ist der erste große literarische Erfolg Virginia Woolfs, der zu einem der prominentesten Klassiker der englischen Moderne avancierte. Es thematisiert die Verflechtung von Geschlechtsidentität, Liebe und künstlerischer Kreativität und bricht poetisch auf raffinierte Weise gesellschaftliche und persönliche Realität.

 

"Von Kindheit an hat mich einfach alles interessiert. Von Kunst und Politik bis Wissenschaft und der Psychologie der Menschen. Leidenschaftlich gegenüber allem. Von den kleinen und den großen Dingen in der Welt lasse ich mich gleichermaßen inspirieren, eben von der wunderbaren Vielfalt des Lebens. Auch das sehe ich in Orlando widergespiegelt. Denn die Essenz der fiktiven Biografie Orlando ist die

Liebe zum Seltsamen, Übernatürlichen, zur List, zur Kunstfertigkeit, Überhöhung und Übertreibung. Auch geht es immer wieder um Erinnerung und eine kultivierte, höchst raffinierte Form von sexueller

Anziehungskraft und gegen das Einzwängen in die Laufrichtung eines einzigen Geschlechts. Aber auch darum, sich nicht bevormunden und herablassend behandeln zu lassen, was einem als Frau immer wieder geschieht und geschehen wird. Virginia Woolf hinterfragte in Orlando die Rollen von Mann und Frau, die Stellung der Frau in der Gesellschaft und ihren Zugang zur Literatur. Aber in meinem Musiktheater wird es nicht um einen theoretischen Beweis, sondern Szene um Szene um verschiedene

Möglichkeiten, eine nach der anderen * auch musikalisch * gehen", so Olga Neuwirth. "Für mich sind Orlando und Musik sehr ähnlich: denn die Geschichte von Orlando durch die Jahrhunderte vermittelt, wie (klassische) Musik, auf der einen Seite bitter-süßen Schmerz jenseits von Worten und andererseits präzise Strukturen, Proportionen, Abstraktion und mathematisch-wissenschaftliches Denken und: Trost. Denn jedes Leben entsteht durch einen Prozess der Selbsterschaffung. Indem wir leben, erschaffen wir unsere eigene Welt. Wie in der Musik, wie mit und durch Orlando."

 

"Orlando" ist als durchkomponierte Oper in englischer Sprache für Solisten, größeres Orchester und Chor mit einer Dauer von 90 bis 100 Minuten (ohne Pause) geplant.

 

Die Premiere ist für Dezember 2019 vorgesehen * Besetzung und Leading Team

werden zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.

 

Zur Komponistin

Olga Neuwirth wurde 1968 in Graz (Österreich) geboren. Ab dem siebten Lebensjahr Trompetenunterricht. 1986 studierte sie in San Francisco am Conservatory of Music und am Art College, Malerei und Film. In Wien führte sie ihre Studien an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst sowie am Elektroakustischen Institut weiter. Wesentliche Anregungen erhielt sie durch die Begegnungen mit Adriana Hölszky, Tristan Murail und Luigi Nono. 1991 wurde Olga Neuwirth mit Ihren beiden Mini-Opern nach Texten von Elfriede Jelinek mit nur 22 Jahren das erste Mal international bekannt. 1998 wurde sie im Rahmen der Reihe „Next Generation“ bei den Salzburger Festspielen in zwei Porträtkonzerten vorgestellt und im darauffolgenden Jahr kam ihr erstes abendfüllendes Musiktheaters Bählamms Fest mit einem Libretto der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek nach Leonora Carrington in einem Bühnenbild der Brothers Quay bei den Wiener Festwochen zur Uraufführung.

Ihr für Pierre Boulez und das London Symphony Orchestra geschriebenes Werk Clinamen/Nodus war nach der Londoner Uraufführung 2000 in einer weltweiten Tournee zu hören. 2002 war sie composer-in-residence bei den Luzerner Festwochen, wo sie auch das Remixen Ihrer Musik durch DJ Spooky aufs Programm setzte.

 

Neuwirth lässt sich oft von anglo-amerikanischer Kultur inspirieren, so z. B. in ihrem 2003 uraufgeführten Musiktheater Lost Highway nach David Lynchs gleichnamigen Film. Der Neuproduktion der English National Opera im Young Vic wurde 2009 der „South Bank Show Award“ verliehen.

Seit ihrer Teenager-Zeit interessiert sich Neuwirth für Wissenschaft, Architektur, Literatur, Film und Bildende Kunst und daher ließ sie in vielen ihrer Stücke seit den frühen 1990er Jahren Ensemble, Elektronik und Videoeinspielungen zu einem genreübergreifenden visuellen und akustischen Sinnerlebnis verschmelzen. Dafür gilt sie in der sogenannten „Neuen Musik“-Szene als Pionierin.

Aus diesem vielfältigen Interesse heraus entstanden auch verschiedene Klanginstallationen, Ausstellungen, Theater- und Filmmusiken, die mit der Einladung zur “dokumenta 12” in Kassel ihren Höhepunkt fand. Sie hat auch immer wieder mit der Experimental Jazz/Improvisation-Szene kollaboriert, so u. a. mit Robyn Schulkowsky, David Moss und Burkhard Stangl.

 

2006 und 2009 entstanden zwei Solokonzerte: ein Trompetenkonzert für Håkan Hardenberger und eine Viola-Konzert für Antoine Tamestit. Olga Neuwirth erhielt verschiedene nationale und internationale Preise. 2010 den Großen Österreichischen Staatspreis.

 

Olga Neuwirth lebte in San Francisco, New York, Prag, Paris, Venedig, Triest, Wien und Berlin. Sie ist seit 2006 Mitglied der Akademie der Künste Berlin und seit 2013 Mitglied der Akademie der Künste München. Einige ihrer Werke sind auf den Labels Kairos und col legno erhältlich.

 

2012 gab es die Premieren gleich zweier neuer Musiktheaterwerke: The Outcast nach Leben und Werk von Herman Melville und American Lulu, eine Neuinterpretation von Alban Bergs Lulu. Diese war 2013 in einer Neuproduktion in Bregenz, Edinburgh und London zu hören. Masaot/Clocks without Hands, geschrieben für die Wiener Philharmoniker, wird im Mai 2015 in Köln unter der Leitung von Daniel Harding uraufgeführt. Weiters wird es zu hören sein in Wien, Luxembourg und 2016 in der Carnegie Hall unter der Leitung von Valerij Gergiev. Le Encantadas o le avventure nel mare delle meraviglie für 6 im Raum verteilte Ensembles und (live)Elektronik, co-comissioned von Ensemble Intercontemporain, Cité de la musique, Festival

 

 

 

 

 

 

 

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