Doch statt in dieser Eigenschaft die behördliche Korruption zu bekämpfen, entwickelt er eine clevere Betrugsidee, die ihm zu wirtschaftlichem Erfolg verhilft: Verstorbene Leibeigene, auch „tote Seelen“ genannt, werden zur schier unerschöpflichen Einnahmequelle für den Spekulanten und Händler, der das System clever ausnutzt, um aus dem Nichts Profit zu machen; ein Vorgriff auf das von virtuellen Zahlen beherrschte moderne Wirtschaftssystem.
Dieser große Text der Weltliteratur von Nikolai Gogol beschäftigt die Interpreten bis heute. Der Regisseur Sebastian Baumgarten begreift die „toten Seelen“ in seiner Inszenierung auch als allegorische Darstellung einer Theorie des Bösen. Sebastian Baumgarten ist für das Stuttgarter Publikum kein Unbekannter: In der Spielzeit 2013/14 inszenierte er Die Dreigroschenoper von Brecht/Weill, die auch weiterhin im Repertoire zu sehen ist.
Wir wissen nicht, wie Gogols Trilogie ausgegangen wäre. Aber von dem, was von den Toten Seelen noch vorhanden ist, wirkt das Material wie eine luzide Aufforderung an seine Leser, das eigene Überleben nicht mehr über geleistete Arbeit, sondern eher über die genaue Kenntnis der Fehler in einem System zu sichern. Der Autor schreibt sehr komisch und bissig, wie man selbst mit dem Tod als Anlagewert sein Geld verdienen kann. Das ist doch ein sehr moderner Gedanke für das planetarisch
bestimmende Kleinbürgertum.
Sebastian Baumgarten
„Seit Gogol ist die russische Literatur komisch – komisch aus Realismus, aus Leid und Mitleid, aus tiefster Menschlichkeit und aus satirischer Verzweiflung …“ (Thomas Mann)
Deutsch von Vera Bischitzky
Regie: Sebastian Baumgarten
Bühne: Thilo Reuther
Kostüme: Jana Findeklee, Joki Tewes
Musik: Jörg Follert
Video: Hannah Dörr
Dramaturgie: Carmen Wolfram
Christian Czeremnych, Paul Grill, Johann Jürgens, Horst Kotterba, Svenja Liesau, Wolfgang Michalek, Hanna Plaß, Michael Stiller