Am Anfang des Stückes steht eine zaghafte Begegnung: Eine europäische Touristengruppe besucht einen afrikanischen Grillplatz. Es entwickelt sich aus dieser Situation heraus eine spielerische Versuchsreihe. Die Begegnung verschiedener Menschen mit ihren ganz individuellen Hintergründen wird zum Ausgangspunkt unterschiedlichster Versuche des Zusammenlebens: Wie funktioniert die Beziehung mit dem weißen Freund in Afrika? Wie gestaltet sich das erste Kennenlernen zwischen dem afrikanischen Freund und den europäischen Schwiegereltern in spe? Ein fliegender Wechsel entsteht zwischen Momenten des Familienglücks und dem Blick auf globale Probleme.
Mit „Les funérailles du désert“ beginnt auch eine Begegnung unterschiedlicher Theater- und Musiktraditionen, die zusammenfinden, um einen ganz eigenen, künstlerischen Ausdruck zu erschaffen.
Dabei ist die ganz reelle Freude der Beteiligten am Austausch miteinander auch Programm für das gesamte Stück.
Begegnung
Am Anfang stand ein Weihnachtsmärchen: „Die Zaubertrommel“. Ein Stück das in einem Fantasieland spielte zwischen Afrika und Europa. Mit dem Festengagement des burkinischen Schauspielers Issaka Zoungrana, resultierend aus dieser Produktion, beschäftigte sich das Würzburger Ensemble zum ersten Mal mit Burkina Faso. Der Schwerpunkt der Theatertradition liegt dort auf dem mündlichen Erzählen, den berühmten Contes, einer Mischung aus Erzähltheater und Improspiel.
Bernhard Stengele und Projektleiterin Petra Paschinger reisten im Jahr 2009 in die burkinische Hauptstadt Ouagadougou, um Kontakt zum Leitungs-Team des C.I.T.O. Theaters und seinem Geschäftsführer Martin Zongo aufzunehmen. Ein erster Workshop mit burkinischen Schauspielern, der Besuch einer Funérailles, einer traditionellen Trauerfeier, und intensive Gespräche mit den burkinischen Künstlern legten den Grundstein für das Projekt "Les Funérailles du désert". Eine gemeinsame Stückentwicklung sollte es werden: geschrieben von einer deutschen Autorin und einem burkinischen Autor, gespielt und weiter entwickelt von deutschen und burkinischen Schauspielern unter der Regie von Bernhard Stengele, ausgestattet von einer deutschen Bühnenbildnerin und einer burkinischen Kostümbildnerin. Dass das Vorhaben realisiert werden konnte, ist hauptsächlich der großzügigen Förderung durch den Fonds "Wanderlust" der Kulturstiftung des Bundes zu verdanken.
Was nun folgte, waren eine Reihe weiterer sehr persönlicher Begegnungen in Burkina Faso und Deutschland, zwischen Team und Darstellern. Das Stück selbst entstand erst während des abschließenden Probenprozesses in Würzburg und reflektiert damit vor allem die interkulturelle Begegnung der Künstler selbst. Diese wiederum sind geprägt von ihrer Lebenswelt, ihren Traditionen, ihren Weltanschauungen und ihrer Geschichte - auch ihrem historisch gewachsenen (oder eben nicht gewachsenen) Verhältnis zueinander. Doch letztlich sind es immer einzelne Menschen die aufeinander treffen.
Eine Herausforderung stellte die Sprache dar. Französisch, die Amtssprache Burkina Fasos, ist die Sprache der französischen Kolonisatoren, nicht die Muttersprache der Burkinabé. Trotzdem ist sie zu einer Art Arbeitssprache geworden, nicht nur im Projekt selbst - auch im burkinischen Theater im Allgemeinen. In Burkina Faso werden zahlreiche Sprachen gesprochen: Mooré, Djoula, Bissa und viele andere. Die Aufgabenstellung in den Workshops und den Proben war immer wieder, dieser Mehrsprachigkeit Raum zu geben. Gleichzeitig haben Schauspieler viele Möglichkeiten der Verständigung, jenseits der Sprache. Die Körper, die Stimmen sprechen miteinander im Raum, im Rhythmus im Spiel und in der Stille. Das sind zentrale Mittel, Verständigung zu erzielen.
Das Spiel vor Publikum wird das Stück weiter verändern, denn mehr als sonst, wird es in Würzburg und in Ouagadougou in seinen Erwartungen unterschiedlich sein. Und auch beim Publikum sind die Erwartungen und die Decodierung nicht nur sprachlicher Natur. Damit wird es Einfluss auf den Rhythmus, den Humor und die gesellschaftliche Brisanz der Szenen nehmen, also mitspielen, dem Stück begegnen. Was das Projekt bisher gezeigt hat, ist die Chance, die in jeder Begegnung liegt, die nicht bewertet, sondern wahrnimmt. Und zulässt.
Künstlerische Leitung: Bernhard Stengele
Projektleitung: Petra Paschinger
Inszenierung: Bernhard Stengele
Bühne: Birgit Remuss
Kostüme: Martine Somé
Licht: Roger Vanoni
Musik: Katia Bouscarrut /
Tobias Schirmer
Dramaturgie: Kai Tuchmann / Mona Becker
Mit: Edith Abels, Max De Nil,
Anne Diemer, Tienhan Kini, Patricia M’Bailédé, Halimata Nikiema, Rachelle Emmanuella Rasmata Ouedraogo, Philipp Reinheimer, Anna Sjöström, Gustave Sorgo, Mahamadou Tapsoba, Ouelgo Téné, Issaka Zoungrana
Koproduktion mit dem C.I.T.O. Theater Ouagadougou, Burkina Faso, gefördert im Fonds Wanderlust der Kulturstiftung des Bundes
Afrikanische Erstaufführung: 7. Januar 2012 | 20.00 Uhr | C.I.T.O. Theater Ouagadougou, Burkina Faso