Ein Traum hat dem Griechen Phryxos befohlen, das Goldene Vlies, ein heiliges Widderfell, nach Kolchis zu bringen. Dessen König Aites bricht das Gastrecht, tötet Phryxos und raubt das Vlies. Jahre später landen erneut Griechen in Kolchis: Jason und die Argonauten wollen Phryxos rächen und das Vlies zurückholen. Aietes bittet seine zauberkundige Tochter Medea um Hilfe. Diese verliebt sich jedoch in Jason und hilft ihm, das goldene Widderfell zu rauben. Gemeinsam fliehen sie aus Kolchis. Nach langer Irrfahrt landen sie schließlich in Korinth, von König Kreon geduldet.
Doch Medea bleibt in diesem Land eine Fremde, von Vorurteilen und Hass verfolgt. Ihre Ehe, der zwei Kinder entsprungen sind, ist inzwischen zerrüttet. Als sich Jason in Kreons Tochter Kreusa verliebt, rächt sich Medea für den Verrat, indem sie erst ihre Nebenbuhlerin und anschließend ihre eigenen Kinder tötet.
Franz Grillparzer rückt ins Zentrum seines Werks die Schilderung der Beziehung zwischen Jason und Medea – das jähe und doch berechnende sich ineinander Verlieben; das schuldig Werden durch die unerbittliche Konsequenz ihres Tuns; den Hass auf den anderen nach jahrelanger Irrfahrt. Doch als wesentliche Ursache für das Scheitern ihrer Liebe betont Grillparzer den Moment der Fremdheit, des Ausgestoßenseins, des nicht Verstandenwerdens Medeas, er lässt die „barbarische“ Kolcherin an der
zivilisierten Xenophobie Korinths verzweifeln. Aus dem Mythos Medea hat Grillparzer das Psychogramm einer Ausgestoßenen geschaffen, deren Ehe mit Jason unter anderem an kulturellen Unterschieden scheitert.
Im Zuge der mit dem Stück Eleni bereits in der letzten Spielzeit begonnenen künstlerischen Auseinandersetzung mit der Migrationsthematik stellt Grillparzers Das Goldene Vlies die konsequente Weiterführung dieses Sujets dar. Autor Kai Schubert hat die Trauerspiele Der Gastfreund und Die
Argonauten zur Grundlage für eine Neudichtung genommen, in der er das Thema des Fremdseins durch die Einbeziehung aktueller Positionen innerhalb der Migrationsdebatte zusätzlich ergänzt und verdichtet.
Das Goldene Vlies ist eine Koproduktion der Wuppertaler Bühnen mit der türkischen Theatergruppe „Elele Tiyatrosu“ („Hand in Hand-Theater“). Die Gruppe ist seit über 20 Jahren in Wuppertal beheimatet und hat inzwischen rund ein Dutzend Inszenierungen, Komödien wie auch Dramen herausgebracht; ihre Besucher kommen zu ihren Vorstellungen aus ganz Nordrhein-Westfalen. Im Mai letzten Jahres hatte ihre letzte Produktion, die Komödie Ceza Kanunu („Strafgesetzbuch“), Premiere im Opernhaus.
Inszenierung Jenke Nordalm
Bühne und Kostüme Birgit Stoessel
Chorleitung Peter Wallgram
Dramaturgie Oliver Held
Mit:
Gökhan Duruduygu, Seval Güngör, Veysel Karadon, Nilüfer Karadon-Özkandemir, Gül Koral, Holger Kraft, Maresa Lühle, Martin Molitor, Esra Özcan, Juliane Pempelfort, Gülcin Tuncer, Ali Ünal, Marco Wohlwend
Die nächsten Vorstellungen sind am 09. / 11. / 19. und 27. Februar 2011 im Opernhaus.