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"Der Zauberberg" nach Thomas Mann im Schauspiel Graz

PREMIERE am 12. Jänner, 19.30 Uhr, HAUS EINS

Das prominente Dorf in den Schweizer Alpen beherbergt auch das Sanatorium Berghof, das Thomas Mann 1924 zum Schauplatz seines berühmten Romans „Der Zauberberg“ machte. Darin zeichnet der Autor das Bild eines Europas, das in dicke Decken gehüllt die Katastrophe des Ersten Weltkrieges erwartet. An jenem wagnerianisch-dionysisch pulsierenden Ort ringen der Humanist Settembrini und der Terrorist Naphta um Einfluss auf den braven, jungen Hamburger Kaufmannssohn Hans Castorp.

Er, der hier nur als Besucher für drei Wochen Urlaub machen wollte, wird zum Sanatoriums-Dauergast und bleibt am Ende sieben Jahre. Thomas Mann beschreibt, wie sich in der idyllischen Natur der Schweizer Bergwelt, in der luxuriösen Beschaulichkeit des Kurlebens und in der Zurückgeworfenheit auf den eigenen Körper und dessen Funktionen die Zeit in eine absolute Gegenwart auflöst – das ist große Literatur: vergnüglich und poetisch und von zeitloser Gültigkeit.

Denn Manns Roman wirkt wie ein Psychogramm des Europas unserer Gegenwart, in dem die gesellschaftliche Solidarität bröckelt und sich das Individuum zunehmend in sich selbst zurückzieht, um mit der Bearbeitung subjektiver Krankheitssymptome auf eine unübersichtliche und unverständliche Weltlage zu reagieren. Die Krankheit ist auch ein zentrales Motiv des postfaktischen Zeitalters, das eine kranke Gesellschaft beschwört, die bedroht ist vom Krebsgeschwür der Überfremdung, geschwächt von einer pathologischen Lügenpresse und gelähmt von einer zahnlosen, anämischen Bürokratie. Und während die Werte der nationalen Identität dahinsiechen, steuert das emanzipatorische Projekt Europa geradewegs in den Untergang.

Kurz nach der Premiere des „Zauberbergs“ werden sich Ende Jänner in Davos die Mächtigen dieser Welt zum Weltwirtschaftsgipfel treffen: 2.500 CEO, Minister*innen, Staatsoberhäupter, Manager*innen von milliardenschweren Fonds. Der private Verein „World economic forum“, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Welt zu verbessern, lädt zu seinem jährlichen Gipfeltreffen, 1.500 Meter über dem Meeresspiegel.

Der Regisseur Alexander Eisenach, geboren 1984 in Ost-Berlin, brachte in der Spielzeit 2015 .2016 mit den „Frequenzen“ nach dem Roman von Clemens J. Setz eine vielbeachtete Inszenierung auf die Bühne des Schauspielhauses und hat sich in der Zwischenzeit neben seiner Regietätigkeit auch einen Namen als Autor gemacht. Er wird, inspiriert von Thomas Manns Roman, eine eigene Fassung dieses Werks der Weltliteratur erstellen.

Thomas Mann wurde 1857 in eine angesehene Lübecker Patrizier- und Kaufmannsfamilie geboren. 1901 erschien sein erster Roman „Die Buddenbrooks“, für den er 1929 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Mit dem 1924 veröffentlichten „Zauberberg“ entwickelte er seinen Stil im Gewand des Bildungsromans weiter: Mit einem skeptisch-ironischen Erzähler, der Leitmotivtechnik und einer syntaktisch komplexen, anspruchsvollen Sprache. Mann stand der westlichen Demokratie zunächst skeptisch gegenüber, wurde zu Beginn der 1920er Jahre aber zu einem überzeugten Verteidiger der Weimarer Republik. Während der nationalsozialistischen Herrschaft emigrierte er 1933 in die USA, deren Staatsbürgerschaft er 1944 annahm. Seit 1952 lebte er wieder in der Schweiz, wo er 1955 verstarb. Nur ein einziges Mal, 1906, wurde ein Theaterstück von Mann aufgeführt; seine lebenslange Beschäftigung mit einem Luther-Stück blieb Fragment.

Zum Regisseur
Alexander Eisenach, geboren 1984 in Berlin. Nach einem Studium der Theaterwissenschaft und Germanistik arbeitete er als Regieassistent am Centraltheater Leipzig, wo auch seine ersten Regiearbeiten entstanden. Danach war er Teil des Regiestudios am Schauspiel Frankfurt, wo neben seinen Inszenierungen auch diverse Bühnentexte entstanden. Er arbeitet regelmäßig am Schauspiel Frankfurt, und am Schauspiel Hannover und jüngst am Theater Neumarkt in Zürich.
Spielzeit 2015.2016: In der Spielzeit 15.16 inszenierte Alexander Eisenach die Uraufführung „Frequenzen“ nach dem Roman von Clemens J. Setz.

In einer Bearbeitung von Alexander Eisenach

Regie     Alexander Eisenach
Bühne    Daniel Wollenzin
Kostüme    Claudia Irro
Musik    Beni Brachtel
Video     rocafilm
Dramaturgie     Karla Mäder

Mit     Vera Bommer, Raphael Muff, Clemens Maria Riegler, Fredrik Jan Hofmann, Evamaria Salcher, Florian Köhler, Nico Link, Sarah Sophia Meyer und Franz Xaver Zach

weitere Vorstellungen am 17., 20. und 24. Jänner sowie am 6., 8. und 9. Feber sowie ab März, jeweils 19.30 Uhr

Tickets: T 0316 8000, F 0316 8008-1565, E tickets@ticketzentrum.at I www.schauspielhaus-graz.com

Das Bild zeigt Thomas Mann

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