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Deutschsprachige Erstaufführung: "Wer hat meinen Vater umgebracht" nach dem Buch von Édouard Louis im Volkstheater Wien

Premiere 15. November 2019, 19.30 im Volkstheater

„Wenn dies ein Theatertext wäre, müsste er mit den folgenden Worten beginnen: Ein Vater und ein Sohn befinden sich in einigen Metern Abstand zueinander in einem großen, weitläufigen und leeren Raum …“ Dieses Szenario eröffnet Édouard Louis’ jüngste autobiografische Auseinandersetzung mit seinem Vater, in der er gleichsam Abbitte leistet für die wütenden Angriffe fünf Jahre zuvor. Da hatte Louis in seinem vielbeachteten Debütroman Das Ende von Eddy so ziemlich alles attackiert, was ihm qua Geburt umgehängt wurde: Herkunft, Milieu, Werte.

 

Der Sohn will gesehen werden. Aber das Auge des Vaters meidet seinen Anblick. Der Sohn ist im Begriff, Grenzen zu überschreiten – hin zum Weiblichen, Schwulen, Gebildeten, und das macht ihn für den Vater zum Störfall. Der Sohn wird die ganze Jugend über hoffen, der Vater würde verschwinden. Jetzt, als Erwachsener, ist er auf der Suche nach ihm. Und nach den Ursachen für dessen Zerstörung. Aus der schmerzhaften Erinnerung an eine Kindheit, die von Armut, toxischer Männlichkeit, Homophobie und Bildungsferne geprägt ist, getrieben von der Scham über die proletarische Herkunft, gelingt dem jungen Intellektuellen der Perspektivenwechsel. Édouard Louis verhandelt das individuelle Schicksal seines Vaters als gesellschaftliches Phänomen. Indem er anerkennt, dass die Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Klasse nicht nur für seinen Vater ein Urteil bedeutet, kann der Sohn die Opferrolle verlassen und wird zum Ankläger.

 

Die im deutschsprachigen Raum inszenierende Schweizer Regisseurin Christina Rast wurde in Österreich bekannt mit den Grazer Uraufführungen Der Wiederaufbau des Haider-Denkmals und Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend von Oliver Kluck. Große Beachtung fand auch ihre Adaption des Wende-Romans von Peter Richter 89/90 am Staatsschauspiel Dresden.

 

mit Motiven aus Das Ende von Eddy von Édouard Louis

Deutsch von Hinrich Schmidt-Henkel

Bühnenbearbeitung von Christina Rast und Heike Müller-Merten

 

Regie Christina Rast

Musik Felix Müller-Wrobel

Bühne Franziska Rast

Kostüme Sarah Borchardt

Komposition Felix Müller-Wrobel

Licht Paul Grilj

Dramaturgie Heike Müller-Merten

 

Mit: Peter Fasching, Sebastian Klein, Julia Kreusch, Sebastian Pass, Birgit Stöger

 

 

Copyright: Lupi Spuma

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