Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
"La Strada. Das Lied der Straße"nach dem Drehbuch von Federico Fellini, Tullio Pinelli und Ennio Flaiano - Städtische Theater Chemnitz"La Strada. Das Lied der Straße"nach dem Drehbuch von Federico Fellini,..."La Strada. Das Lied der...

"La Strada. Das Lied der Straße"nach dem Drehbuch von Federico Fellini, Tullio Pinelli und Ennio Flaiano - Städtische Theater Chemnitz

Premiere: 16. März 2019, 19.30 Uhr im Schauspielhaus Chemnitz

Die junge Gelsomina wird von ihrer Mutter an einen Mann verkauft, Zampano. Mit ihm muss sie von Dorf zu Dorf, von einem staubigen Jahrmarkt zum nächsten ziehen. Mit ihm schläft sie, er schlägt sie und von ihm lernt sie Trompete spielen. Doch eines Tages sieht sie einen Engel, weit oben. Es ist der Seiltänzer Matto, der bald sterben wird, dem Himmel so nah. Gelsomina muss sich entscheiden: Geht sie zu Matto oder bleibt sie bei Zampano, dessen grobschlächtige Hilflosigkeit ihre Mission geworden ist.

 

Federico Fellinis bewegender Film sorgte 1954 für einen Skandal in der italienischen Filmszene, da sich der Regisseur nicht allzu eng an die neorealistische Ästhetik hielt und er deswegen von orthodoxer Seite abgelehnt wurde. In Frankreich aber wurde „La Strada“ berühmt und in den USA 1957 mit einem Oscar geehrt. Die Welt der detailgenau fotografierten Drehorte mag inzwischen vergangen sein, doch die Poesie der Geschichte, die hart gefügten Widersprüche, das nahe Beieinander von trostloser Armut und seelischer Fülle, von bedrückender Realität und der traumleichten Fantasie des Jahrmarkts erscheinen absolut zeitlos. Genau wie die kraftvollen Figuren: Ohne ein Zuhause treiben sie unter einem weiten Himmel durch eine unbarmherzige Welt, immer auf der Suche nach etwas Herzenswärme, nach einem Ort zum Lieben.

Regisseur Robert Czechowski begreift „La Strada“ als ein überzeitliches poetisches Gedicht, welches mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Voller Symbolkraft wie dem Zirkusring (für Einheit, Märchen, Kindheit, Naivität), dem Krieg (Tod), dem weiten Himmel (Ort aller Fragen, der Sehnsüchte) und dem Wagen (Haus, Reise des Lebens) ist es in vergleichsweise einfachen Verhältnissen situiert und erzählt von der Zeit nach einem Krieg, dessen Traumata und Verheerungen den Menschen weiterhin auf der Seele liegen. Die Figuren des Stückes ziehen ohne Heimat, aber voller Sehnsucht von Ort zu Ort, auf der Suche nach etwas Nahrung, einem Ruheplatz zum Schlafen, einer warmen Schulter zum Anlehnen. Ganz einfache Bedürfnisse eigentlich, aber schwer zu haben in einer verrohten Welt. Man mag dies in Zeiten zunehmender Polarisierungen als Warnung verstehen, aber auch als eine Parabel auf die Zerbrechlichkeit des Menschen und sein Bedürfnis nach Zärtlichkeit.

Für die Bühne adaptiert von Gerold Theobalt

Regie: Robert Czechowski
Bühne: Wojtek Stefaniak
Kostüme: Ełzbieta Terlikowska
Musik: Damian-neogenn-Lindner
Choreografie: Alexander Azarkiewicz

Mit: Dirk Glodde (Zampano), Seraina Leuenberger (Gelsomina), Dominik Puhl (Matto), Ulrike Euen (Mutter / Wirtin), Katka Kurze (Hure / Nonne / Bedienung), Philipp von Schön-Angerer, Marko Capor*, Rebecca Halm*, Daniel Hölzinger*, Svenja Koch* (Soldaten)
* Schauspielstudio Chemnitz

Das Bild zeigt Federico Fellini

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 14 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

REIF UND ABGEKLÄRT -- Stuttgarter Philharmoniker mit Mozart und Bruckner in der Liederhalle STUTTGART

Leider fand die konzertante Aufführung von Puccinis "Madame Butterfly" aufgrund der Erkrankung des Chefdirigenten Dan Ettinger nicht statt. Es gab eine Programmänderung. Gleich zu Beginn faszinierte…

Von: ALEXANDER WALTHER

DIE SONNE ALS EINHEIT -- "Sonne/Luft" von Elfriede Jelinek im Kammertheater Stuttgart

Sonne und Luft stehen im Mittelpunkt dieses vielschichtigen Stücks von Elfriede Jelinek, das den Irrungen und Wirrungen des Menschen nachgeht. Der Umgang mit der Umwelt und dem Klimawandel spielt in…

Von: ALEXANDER WALTHER

ERGREIFEND UND TIEFGRÜNDIG -- Bach-Kantaten mit der Gaechinger Cantorey im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Das vorletzte Konzert der Reihe "Vision Bach" stand unter dem Motto "Zum Himmel wandern". Unter der inspirierenden Leitung von Hans-Christoph Rademann musizierte die Gaechinger Cantorey zunächst die…

Von: ALEXANDER WALTHER

EIN HAUCH VON RENAISSANCE -- "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" von Kurt Weill und Bertolt Brecht in der Staatsoper STUTTGART

Die Inszenierung von Ulrike Schwab wartet mit einer Überraschung auf, denn das "Jüngste Gericht" von Michelangelo ist Teil des einfallsreichen Bühnenbildes von Pia Dederichs und Lena Schmid. Die…

Von: ALEXANDER WALTHER

BEWEGENDE VISUELLE STEIGERUNG -- Stuttgarter Ballett mit Tschaikowskys "Schwanensee" in der Staatsoper Stuttgart

Unsterblich ist die Choreographie John Crankos zu Peter Tschaikowskys "Schwanensee"-Ballett aus dem Jahre 1963 geworden, die jetzt wieder in Stuttgart zu sehen ist. In Bühnenbild und Kostümen von…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑