Die romantische Unendlichkeit der Klangwelt leuchtete dabei immer wieder neu auf, wobei der thematische und harmonische Reichtum nicht zu kurz kamen. Das Träumerische und Phantastische der romantischen Musik machte sich bei dieser ausgefeilten Wiedergabe vor allem auch bei "Daphne am Bach" aus Franz Schuberts "Rosamunde" bemerkbar. Dabei erreichte Birgid Steinbergers Sopranstimme eine ungeahnte Leuchtkraft und erstaunliche Farbigkeit, deren Intensität nicht nachließ.
Auch die "Romanze" aus "Vier Gesänge aus Wilhelm Meister" von Schubert berührte die Zuhörer aufgrund der starken Sensibilität des Vortrags. Insbesondere die blühende melodische Schönheit prägte die Gesangsstimme. Vor allem der lyrisch-introvertierte Charakter von Schuberts Musik trat hier in geheimnisvoller Weise hervor. Dies galt nicht nur für das Lied der Mignon "Nur wer die Sehnsucht kennt", sondern auch für Mignons Lied "So lasst mich scheinen". "An Sylvia" von Franz Schubert überzeugte dann mit einem überschwänglichen, geradezu leidenschaftlichen Ausdruck.
Nach der Pause folgte "Frauenliebe und Leben" op. 42 von Robert Schumann, wobei die Reife und Tiefe von Birgid Steinbergers Gesang das Publikum beeindruckte. Bei einzelnen Nummern wie "Seit ich ihn gesehen", "Er, der Herrlichste von allen", "Ich kann nicht fassen, nicht glauben" oder "Süßer Freund" gefiel die fast sphärenhafte Ablösung der einzelnen Harmonietöne, die sich von liedhafter Innigkeit zu stürmischer Erregung steigerten.
Graham Johnsons poetischer Tastenanschlag unterstrich die feinen kantablen Phrasen von Birgid Steinbergers klangfarbenreichem Gesang. Bei "Nun hast du mir den ersten Schmerz getan" verschränkten sich die Linien des Gesangs subtil mit den Klängen des Klaviers.
Zum Abschluss folgten noch Lieder von Johannes Brahms aus den "Deutschen Volksliedern", die einen Höhepunkt bei diesem Liederabend darstellten. Denn Birgid Steinberger erfasste hier die Melancholie und klangliche Differenzierung dieser Musik in ausgezeichneter Weise. Dies zeigte sich nicht nur bei "In stiller Nacht", sondern vor allem auch bei "Schwesterlein", "Feinsliebchen", "Die Sonne scheint nicht mehr" und "Da unten im Tale". Deutlich wurde hier aber auch, dass Brahms eben nicht ein reiner "Konservativer" war, wie es ihm seine Zeitgenossen oft vorwarfen. Denn seine kunstvoll gestalteten Lieder weisen eindeutig in die Moderne. Herzlicher Schlussapplaus und "Bravo"-Rufe folgten nach einer leuchtkräftigen Hugo-Wolf-Zugabe.