Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Triumph der LiebeTriumph der LiebeTriumph der Liebe

Triumph der Liebe

"Xerxes" von Georg Friedrich Händel in der Deutschen Oper am Rhein

 

Was im Barock an Ausstattungsopulenz bereits üblich war, hier findet es seine adäquate Wiederkehr: falsche Tiere, illusionistische Bühnenmalerei, Drehbühne und ausgeprägte Bühnenmaschinerie, prächtige Kostüme, Geschlechterwechsel in den Rollenbesetzungen mit entsprechenden Verkleidungen und Handlungsverwirrungen, Liebe, Intrige und Eifersucht.

 

Zuerst himmelt Xerxes mit der legendären Arie "Ombra mai fu" noch eine Platane an, dann wirft er trotz seiner Verlobung mit Amastris alsbald ein Auge auf Romilda, die Angebetete seines Bruders Arsamenes und versucht diese für sich zu gewinnen, während Romildas Schwester Atalanta sich in Arsamenes verliebt hat und entsprechende Intrigen spinnt, um ihn für sich zu gewinnen.

 

Es ist eine Posse. Das kann man wirklich nicht ernst nehmen und so spielt Stefan Herheimer auch leicht ironisch mit der simplen Geschichte, indem er z. B. die entsprechenden weiblichen und männlichen Protagonisten als Zwillinge kleidet und damit das Verwirrspiel weiter treibt. Er wirft die Illusionsmaschinerie des Theaters zwar an, aber nur um sie zugleich zu dekonstruieren, indem Anreden an das Publikum gerichtet werden und Xerxes sich im Dialog mit den Musikern befindet.

 

Kastraten gibt es heutzutage nicht mehr. Dafür dürfen sich jetzt die Opernbesucher in dieser Inszenierung in Düsseldorf auf zwei exzellente Countertenöre in den Hauptpartien freuen, Valer Barna-Sabadus als Xerxes und Terry Wey als Arsamenes. Alle Bühnenfiguren entsprechen allbekannten Rollentypisierungen. Xerxes als König hat dabei dezente Stilanleihen an Ludwig XIV. genommen, während Arsamenes eher einem bodenständigeren Schäfertyp zuneigt. Katarina Bradi? gibt die Amastris leicht amazonenhaft und Heidi Elisabeth Meier ist ganz tugendhafte Romilda, während Anke Krabbe als intrigante Atalanta aus dem Komödientopf schöpfen darf. Hagen Matzeit als Elviro schlüpft als Bote in die Rolle eines Blumenmädchens und berlinert in Reminiszenz an ein anderes berühmtes Bühnenblumenmädchen (die Eliza aus My Fair Lady). Nur Torben Jürgens als Ariodates, Hauptmann und Vater von Romilda und Atalanta, scheint von den Turbulenzen um ihn herum ganz unbeleckt.

 

Den überragenden Leistungen des Gesangsensembles stand die Neue Düsseldorfer Hofmusik in nichts nach, sie musizierte mit sicht- und hörbarer Spielfreude. Und so gab es für diese dreieinhalb Stunden pures Opernglück langen enthusiastischen Applaus.

 

Xeres (Dramma per musica in drei Akten) in deutscher Sprache

Libretto nach Niccolò Minato und Silvio Stampiglia

Deutsche Übersetzung von Eberhard Schmidt

In der Einrichtung von Stefan Herheim

Koproduktion mit der Komischen Oper Berlin

 

Musikalische Leitung: Konrad Junghänel

Inszenierung: Stefan Herheim

Szenische Einstudierung: Annette Weber

Bühne: Heike Scheele

Kostüme: Gesine Völlm

Licht: Franck Evin

Chorleitung: Christoph Kurig

Dramaturgie: Alexander Meier-Dörzenbach

 

Xerxes: Valer Barna-Sabadus

Arsamenes: Terry Wey

Amastris: Katarina Bradi?

Romilda: Heidi Elisabeth Meier

Atalanta: Anke Krabbe

Ariodates: Torben Jürgens

Elviro: Hagen Matzeit

Chor: Chor der Deutschen Oper am Rhein Orchester: Neue Düsseldorfer Hofmusik

 

Premiere am Samstag, 26. Januar 2013 im Opernhaus Düsseldorf

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 15 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

NICHT AUF DEN LITURGISCHEN BEREICH BESCHRÄNKT --- Bruckners e-Moll-Messe und Motetten bei BR Klassik

Anders als die frühe d-Moll-Messe blieb die 1866 in Linz komponierte e-Moll-Messe nicht auf den liturgischen Bereich beschränkt. Die alten Kirchentonarten stehen bei der Messe in e-Moll von Anton…

Von: ALEXANDER WALTHER

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑