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Uraufführung: „Der schwarze Mönch“ von Kirill Serebrennikov / nach Anton Tschechow im Thalia Theater Hamburg

Premiere 22.1.2022

Die hierzulande nahezu unbekannte Tschechow-Geschichte „Der schwarze Mönch“. Man kann die Geschichte multiperspektivisch von verschiedenen Seiten erzählen. Es geht – vereinfacht gesagt – um die Freiheit. Um die unbändige Sehnsucht des Menschen nach Freiheit und Selbstentgrenzung, nach dem Besonderen und Einzigartigen, nach Kunst und Genialität.

 

Copyright: Ira Polyarnaya

Und um die Erfahrung, dass dies zu Selbstzerstörung führen kann,- eine „Hamlet“-Figur, zerrissen zwischen der Anforderung, sich in den sozialen Körper einzugliedern und dem Anspruch, eigen und besonders zu sein. Um einen Gärtner, der mit Hingabe und Selbstaufopferung seinen Garten pflegt, von dem er lebt, dem alles Besondere fremd, dienende Arbeit aber heilig ist, um dessen Tochter, die Erlösung von der Garten-Fron in der Kraft der Liebe sucht, und – last but not least: um einen untoten, arabischen Legenden entlehnten, schwarzen Mönch, der zugleich aus dem Arsenal von Edgar Allan Poe stammen könnte. Tschechow treibt den Konflikt zwischen menschlicher Mediokrität und Hypostasierung des Ichs auf die Spitze. Und Kirill Serebrennikov verschärft die Grundkonstellation durch die musikalisch-kompositorische Form des Rondos.

‚How can we find strategies to survive? ‘, fragt Serebrennikov. Tschechow stellt diese Fragen, Serebrennikov stellt sie, beantworten aber muss sie jeder selbst. Anders geht es nicht.

Übrigens: Auch der Begriff vom Menschen als „Herdentier“ spielt beim Arzt und Naturwissenschaftler Tschechow vor mehr als hundert Jahren bereits eine Rolle. Wir mussten uns gerade wieder an diesen Begriff erinnern lassen, eine schwer erträgliche, gewissermaßen kopernikanische „Kränkung“, die wievielte eigentlich? Müssen wir diese je epochalen „Kränkungen“ akzeptieren? Können wir sie überwinden? Im Sinne der Freiheit? Worin besteht sie genau? Oder geht es in Wahrheit um den Aufbruch in ein posthumanes Zeitalter, das diese Konfliktlinien hinter sich lässt?“
Joachim Lux

Hinter dem international bekannten Film-, Opern- und Theaterregisseur Kirill Serebrennikov  liegen über vier Jahre striktes Reiseverbot und zahlreiche Inszenierungen per Zoom und Video in ganz Europa. Jetzt leitet er die Proben seiner Inszenierung von Tschechows Erzählung „Der schwarze Mönch“ am Thalia Theater.
 
Serebrennikov war im Sommer 2017 verhaftet und in Hausarrest gesetzt worden. Das von der Staatsanwaltschaft geforderte Straflager wegen „Veruntreuung“ von Geldern wurde beim Prozess im Sommer 2020 in eine dreijährige Bewährungsstrafe mit Ausreiseverbot aus Russland umgewandelt worden. Nun hat er sehr plötzlich die Erlaubnis bekommen, in Hamburg zu arbeiten.
 
Eine internationale Produktion mit russischen, deutschen, amerikanischen, armenischen und lettischen Künstlern

Regie und Bühne
Kirill Serebrennikov
Co-Regie / Choreographie
Evgeny Kulagin
Ivan Estegneev
Kostüme
Tatyana Dolmatowskaya
Musik
Jēkabs Nīmanis
Musikalische Leitung
Ekaterina Antonenko
Uschi Krosch
Musikalisches Arrangement "Serenade"
Andrei Poliakov
Musikalische Einstudierung
Uschi Krosch
Licht
Sergej Kuchar
Video
Alan Mandelshtamm
Dramaturgie
Joachim Lux

Mit
Mirco Kreibich (Andrej Kowrin, Genie)
Filipp Avdeev (Andrej Kowrin, Genie)
Odin Biron (Andrej Kowrin, Genie)
Bernd Grawert (Der Alte)
Viktoria Miroschnichenko (Tanja, seine Tochter (jung))
Gabriela Maria Schmeide (Tanja, seine Tochter (älter))
Gurgen Tsaturyan (Der Mönch, Wahnvorstellung)

Sonnenauf- und Sonnenuntergänge

Tillmann Becker (Tanz)
Genadijus Bergorulko (Bariton)
Viktor Braun (Tanz)
Chris Jäger (Tanz)
Tim Czerwonatis (Tanz)
Pavel Gogadze (Tenor) / Benjamin Boresch (Tenor)
Friedo Henken (Bariton)
Alexander Tremmel (Tenor) / Samuel Franco (Tenor)
Daniel Vliek (Tanz)

Sa
12 Feb 2022, 15:00 Uhr
So
13 Feb 2022, 17:00 Uhr
Mit russischen Übertiteln.
Fr
04 März 2022, 19:00 Uhr
Sa
05 März 2022, 19:00 Uhr
So
06 März 2022, 15:00 Uh

 

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