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Uraufführung: DIE REISE DER VERLORENEN von Daniel Kehlmann, im Theater in der Josefstadt Wien

Premiere Donnerstag, 6. September 2018, 19.30 Uhr

Basierend auf dem Buch Voyage of the Damned von Gordon Thomas und Max Morgan-Witts. 10 von 14 Premieren in der Josefstadt und in den Kammerspielen werden in der Saison 2018/19 aus österreichischer Feder stammen. Daniel Kehlmann eröffnet diesen Reigen. Er erzählt in seinem dritten Auftragswerk für die Josefstadt eine Geschichte über Menschen auf der Flucht. Die Verlorenen, das sind 937 Flüchtlinge auf der Suche nach einer neuen Heimat. Keine Syrer oder Afrikaner, sondern deutsche Juden, die 1939 vor den Nazis nach Kuba fliehen. Menschen, die zum Spielball politischer und wirtschaftlicher Einflüsse, zu verlorenen Seelen auf offener See, werden.

 

 

 

Copyright: Jan Frankl

Die wahre Geschichte der St. Louis, die auf eine Irrfahrt geschickt wird, um letztlich doch keinen sicheren Hafen für ihre Passagiere zu finden, bildet mit Peter Turrinis „Fremdenzimmer“ den zweiten Teil der Josefstädter-Dilogie „Auf der Flucht“.

Im Jahr 1939 gehen 937 Juden in Hamburg an Bord der St. Louis. Sie wollen nach Kuba und von dort weiter in die USA oder andere Länder. Doch der kubanische Präsident verbietet die Einreise.

Kapitän Schröder steht vor unüberwindbaren Hindernissen. Die deutsche Propaganda hat unter der kubanischen Bevölkerung Hass auf die Juden geschürt. Präsident Brú will Wahlen gewinnen und besteht auf sein Dekret 937: Kein Passagier darf ohne gültiges Visum in Kuba einreisen. Die HAPAG in Hamburg protestiert. Immerhin wurden an den Minister für Einwanderung Benitez horrende Summen für Landegenehmigungen gezahlt. Die erweisen sich nun als illegal und wertlos. Benitez fühlt sich als Protegé von General Batista sicher und rechnet mit der Bestechlichkeit des Präsidenten. Der mächtige Batista verhält sich still. Und der Präsident ist vorsichtig und bleibt hart.

Kapitän Schröder kämpft um seine Passagiere: Der Hebräischlehrer Aaron Pozner. Nur sein Tagebuch wird ihn überdauern. Der Anwalt Max Loewe mit seiner Frau Elise. Er wird überleben, weil er sterben will. Nach einem Selbstmordversuch landet er sicher im Spital von Havanna. Babette und Fritz Spanier. In festlicher Kleidung betreten sie das Schiff und trotzen den Demütigungen der Flucht. Der Kellner Leo Jockl, der als Jude unerkannt zu bleiben hofft. Otto Bergmann mit seiner eigenwilligen Tante Charlotte. Die Töchter von Fritz Aber, die von ihrem Vater in Havanna erwartet werden. Sie haben gültige Visa im Gepäck. Und der Steward Otto Schiendick, NSDAP-Ortsgruppenleiter auf dem Schiff und deutscher Agent, der die jüdischen Passagiere schikaniert. Er soll in Havanna drei Mikrofilme entgegennehmen. Just vom Vizedirektor der dortigen HAPAG-Niederlassung, der seinen eigenen Kurs fährt. Hoffmann hat als Leiter der deutschen Abwehr starkes Interesse, dass die St. Louis mit dem geheimen Material nach Hamburg zurückkehrt.

Die Zeit drängt. Verhandlungen im Hintergrund scheitern an den Forderungen korrupter Mittelsmänner und politischen Zielen. Auch Amerika verwehrt die Einreise. Niemand auf der Welt will die Juden haben. Die Hoffnung, auf der benachbarten Pinien-Insel Schutz zu finden, stirbt. Die Idee, das Schiff zu havarieren, um eine Rettung zu erzwingen, prallt am Berufsethos Kapitän Schröders ab. Die St. Lous wird nach Hamburg zurückbeordert. Schröder erwägt wider seine Kapitänsehre Pläne, das Schiff vor Sussex auf Grund laufen zu lassen. Doch dann kommt Hilfe: Einige Länder nehmen eine bestimmte Quote von Juden auf. Über diese Länder bricht der Krieg herein. Die Reise der Verlorenen geht weiter.

Und Sie, begnadet mit später
Geburt, denken vielleicht gerade:
"Wer weiß, wie ich gehandelt
hätte?" Aber ich verrate Ihnen
was: Falls Sie wirklich nicht wissen,
wie Sie gehandelt hätten,
dann wissen Sie es schon. Dann
hätten Sie gehandelt wie ich.
(Otto Schiendick)

Regie: Janusz Kica
Bühnenbild: Walter Vogelweider
Kostüme: Alfred Mayerhofer
Musik: Matthias Jakisic
Dramaturgie: Matthias Asboth

Mit:
Raphael von Bargen (Otto Schiendick)
Herbert Föttinger (Gustav Schröder, Kapitän der St. Louis)
Nikolaus Barton (Leo Jockl, Kellner auf der St. Louis)
Ulrich Reinthaller (Dr. Fritz Spanier, Arzt)
Sandra Cervik (Babette Spanier, seine Frau)
Roman Schmelzer (Aaron Pozner)
Marcus Bluhm (Max Loewe, Anwalt)
Maria Köstlinger (Elise, seine Frau)
Matthias Franz Stein (Otto Bergmann)
Therese Lohner (Charlotte, seine Tante)
Peter Scholz (Max Aber, Hautarzt)
Livia Ernst / Leonie Qualtinger (Renata, seine ältere Tochter, sieben Jahre alt)
Ilia Hollweg / Lilly Krainz (Evelyne, seine jüngere Tochter, fünf Jahre alt)
Katharina Hope Kemp / Lara Nguyen (Marianne, ein Flüchtlingskind, etw. älter als Renata)
Marika Lichter (Eine jüdische Sängerin)
Joseph Lorenz (Konsul Holthusen, HAPAG-Direktor)
Gerhard Kasal (Morris Troper, Europadir. d. American Jewish Joint Distribution Commitee)
Igor Karbus (Emerson, Internationales Komitee für politische Flüchtlinge)
Paul Matic (Luis Clasing, Zweigstellendirektor der HAPAG)
Oliver Rosskopf (Robert Hoffmann, sein Stellvertreter)
Michael Dangl (Laredo Brú, Präsident von Kuba)
Wojo van Brouwer (Manuel Benitez Gonzales, kubanischer Minister für Einwanderung)
Martin Georg Zauner (Remos, Außenminister von Kuba)
Ljubiša Lupo Grujčić (Hauptmann Gomez)
Alexander Absenger (Major Garcia, Polizeichef von Havanna)
Martin Niedermair (Wright, amerikanischer Botschafter in Kuba)
Claudius von Stolzmann (Berenson, Jewish Joint Distribution Commitee)
Patrick Seletzky (Morgenthau, amerikanischer Finanzminister)
Alexander Strömer (Hull, amerikanischer Außenminister)
Michael Schönborn (Britischer Staatssekretär)
Lukas Spisser (Kennedy, amerikanischer Botschafter in Großbritannien)
Tamim Fattal (Ein Polizist in Havanna)

 

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