Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
ZWISCHEN CHORAL UND WUCHT - Mahlers "Auferstehungssinfonie" mit den Ensembles der Universität Stuttgart im Beethovensaal der Liederhalle StuttgartZWISCHEN CHORAL UND WUCHT - Mahlers "Auferstehungssinfonie" mit den...ZWISCHEN CHORAL UND...

ZWISCHEN CHORAL UND WUCHT - Mahlers "Auferstehungssinfonie" mit den Ensembles der Universität Stuttgart im Beethovensaal der Liederhalle Stuttgart

am 11.2.2024

Die Aufführung von Mahlers Mahlers zweiter Sinfonie erklang am 3. Februar auch im Mainzer Dom. Man erinnerte daran, dass der jüdische Komponist Gustav Mahler zum katholischen Glauben konvertierte. An der 1894 beendeten zweiten Sinfonie in c-Moll "Auferstehung" hat Mahler sieben Jahre gearbeitet. Die brennende Frage nach dem Sinn des Lebens wird mit feierlichen Choralklängen beantwortet.

 

Copyright: Portrait Gustav Mahler

Den ersten Satz, Allegro maestoso, hat er ursprünlich "Totenfeier" genannt. Unter der Leitung des griechisch-ungarischen Dirigenten Mihaly Zeke stellten die Akdemischen  Ensembles der Universität Stuttgart das erste Thema mit kraftvollen Anläufen im Bass machtvoll heraus. Erstaunlich war auch die Nähe zu Franz Liszts "Dante-Sinfonie". Alles weitete sich hier zum Themenkomplex und rief feierliche Bläserklänge herauf. Ergreifend wirkte außerdem die verklärt aufsteigende Streichermelodie. Auch der zweite Themenkomplex entwickelte sich in bewegender Schönheit. Überhaupt waren die Streicher an diesem Abend sehr gut besetzt. Dies galt auch für die Glissando-Passagen. So konnten sich die Kräfte des ersten Themas wieder behaupten. Motive wurden umkreist und nach Art der Durchführung drängte die Harmonik der Entscheidung zu. Mit furchtbarer Gewalt brach die Katastrophe herein, die "Verklärungsmelodie" der Streicher blühte wunderbar auf, ernst erklang die Coda.

Reizvoll gestaltete Zeke mit den Ensembles dann  den zweiten Satz Andante moderato. Es war ein friedliches Naturidyll, erinnerte allerdings mehr an Schubert als an Biedermeier-Gemächlichkeit. Als scherzoartiges Rondo gemahnte der dritte Satz an ein Lied Mahlers aus "Des Knaben Wunderhorn" mit dem Titel "Des Antonius von Padua Fischpredigt". Humor und Bissigkeit kennzeichnete diese Musik mit ihren grellen Klängen, die bei Mihaly Zeke aber nie an der  Oberfläche blieben. Es war ein Zerrspiegel grotesker Parodie. Mit freudigen Siegesfanfaren trat der Trioteil auf. Etwas Drängendes setzte sich hier in geheimnisvoller Weise durch.

Im vierten Satz "Urlicht" überzeugte die Altistin Alexandra Uchlin mit warmem Timbre und bewegenden Kantilenen: "O Röschen Rot! Der Mensch liegt in größter Not!" Die Angst des Gottsuchers machte sich bemerkbar, dann schwang die Melodie zurück in die mystische Stille und Tiefe des Beginns. Diese Passage interpretierte Zeke mit den Ensembles  sehr einfühlsam und überzeugend.

Im Finale gab Mahler dann eine Vision des Jüngsten Gerichts. Er begann laut Paul Bekker mit dem "wütenden Aufschrei des Entsetzens und Ekels" - und verwandelte sich in eine mystisch verklärte Sphäre voller klanglicher Geheimnisse. Glockenklang und Hornmelodien begleiteten diese Sequenz eindringlich. Hornrufe mahnten an die Gerichtsstunde, das "Dies irae"-Motiv aus dem ersten Satz erklang schauerlich. Ein Suchen und  Drängen hob an, das dunkle "Dies irae" hellte sich majestätisch auf und verblasste wieder. Nun zogen die Kolonnen der Toten vorüber, drohende Bläserrufe folgten. Erlösungsvisionen hellten den grausigen Marschzug auf. Zarte Farben breiteten sich aus, aus den Celli stieg eine sehnsuchtsvolle Melodie auf. Dann erfüllten plötzlich feierliche Verklärungsklänge den Raum. Appellrufe der Trompeten sowie Vogelstimmen mündeten in den Geistergesang des Chors "Auferstehn, ja auferstehn wirst du, mein Staub, nach kurzer Ruh!" Hier sangen Mitglieder des Hochschulchors der Hochschule für Musik Mainz sowie des LandesJugendChors Rheinland-Pfalz mit erstaunlicher Strahlkraft und klanglicher Homogenität. Gewaltig schwoll die Musik immer stärker an, Orgel- und Glockenton fielen ein. Die Sopanistin Hanna Kim Koo kam im hymnischen Duett mit der Altistin Alexandra Uchlin hinzu. Noch zarter erklang das Sopransolo "Hast nicht umsonst gelebt, gelitten!" nach dem Altsolo "O Glaube".  In hellstem Licht rauschhafter  Begeisterung ertönten die Textworte "Zu Gott wird es dich tragen!" Ergreifend wirkte auch das machtvolle Unisono "Sterben werde ich, um zu leben!"

Am Ende Jubel, Begeisterung.
 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 18 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier Stuttgart

Eine geschickt verwobene und raffinierte Handlung präsentiert Vladislav Grakovski in seiner Inszenierung des Kriminalstücks "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano. Spannung, Humor und…

Von: ALEXANDER WALTHER

BERÜHRENDE MOMENTE -- "Spatz und Engel" mit dem Tournee-Theater Thespiskarren (Produktion Fritz Remond Theater im Zoo, Frankfurt) im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

Edith Piaf und Marlene Dietrich stehen hier im Schauspiel mit Musik von Daniel Große Boymann und Thomas Kahry als zwei Göttinnen des Chansons im Mittelpunkt des Geschehens. Und es ist gar nicht so…

EIN ÜBERZEUGTER HUMANIST -- 5. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart in der Liederhalle Stuttgart

Das Stück "Felder...im Vorübergehen" für Streichorchester aus den Jahren 1993/94 von Bernhard Lang ist nicht so spektakulär wie seine Oper "Dora", besitzt aber durchaus charakteristische…

Von: ALEXANDER WALTHER

EIN BEWEGENDER FEUERREITER -- Liedmatinee - Verleihung der Hugo-Wolf-Medaille in der Staatsoper Stuttgart

Die New York Times bezeichnete das Liedduo Christian Gerhaher (Bariton) und Gerold Huber (Klavier) als "größte Liedpartnerschaft der Welt". Dies betonte Kammersängerin Christiane Iven in ihrer…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑