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Calixto Bieito inszeniert Richard Wagners „Parsifal“ in Stuttgart

Premiere am 28. März 2010 um 16 Uhr im Opernhaus

Endzeitstimmung und Sinnfragen sind es, die Calixto Bieito in seiner Interpretation von Richard Wagners „Parsifal“ beschäftigen. „Wer ist böse?“ fragt Parsifal. Weiß Gurnemanz die Antwort?

Der katalanische Regisseur sucht dabei mit Manfred Honeck die Antworten aus der Wagner-Partitur zu lesen.

Mit der Titelpartie des Parsifal gibt Andrew Richards in Stuttgart sein Debüt. Amfortas verkörpert der aus den USA stammende Gregg Baker, der Däne Stephen Milling ist alternierend mit Johann Tilli als Gurnemanz zu hören. Kundry singt das Stuttgarter Ensemble¬mitglied Christiane Iven, Claudio Otelli die Partie des Klingsor.

War es bei seiner Interpretation des „Fliegenden Holländers“ der ökonomische Kollaps, ist es im „Parsifal“ eine spirituelle Krise, die Bieito in seiner Regie thematisiert. Die von Wagner mit einer Vielzahl religiöser Motiv-Entlehnungen geschaffene „Kunstreligion“ ist für Bieito krisenhaft: „Die Figur des Parsifal ist ein neues Symbol dieser leeren Religion, er ist nur ein neues Opfer und wird zu einem weiteren Amfortas geformt.“

Für Bieito zeigt Wagners Librettotext besessene Charaktere, die durch Schuld und Leid der Manipulation ausgesetzt werden – eine Erlösung durch das Jenseits ist nicht möglich. Einzig Liebe und Vertrauen im Hier und Jetzt geben den Menschen Halt und Zuversicht, nur so gewinnt der Mensch Verantwortung und Respekt für seine Umwelt und das „Leben“. Parsifal wird sich durch die Stationen seiner „aventüre“ seiner Verantwortung bewusst. „Das Licht am Ende“, so Bieito, „kommt aus uns selbst.“

Inspiriert vom Roman „The Road“ des Amerikaners Cormac McCarthy konfrontiert Bieito seinen Parsifal mit den Ruinen unserer Zivilisation. Die Romanprotagonisten, Vater und Sohn, streifen durch ein post-apokalyptisches Amerika, das nach einer Katastrophe menschenleer und desolat vor ihnen liegt. Dem gleich sieht Bieito den Parsifal in einer Architektur der Apokalypse. Die Bühnenbildnerin Susanne Gschwender schafft eine zerstörte, von Asche bedeckte Landschaft, in der lediglich die Ruine einer Autobahnbrücke von einer vergangenen Zivilisation zeugt. Mit einer existenziellen Grundaus¬stattung als Schutz gegen Hitze, Kälte und Umweltver¬schmutzung versieht die Kostümbildnerin Mercè Paloma die Figuren.

Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen, Text vom Komponisten

Musikalische Leitung Manfred Honeck

Regie Calixto Bieito

Bühne Susanne Gschwender

Kostüme Mercè Paloma

Licht Reinhard Traub

Chor Michael Alber

Dramaturgie Xavier Zuber

Besetzung

Amfortas Gregg Baker

Gurnemanz Stephen Milling / Johann Tilli

Parsifal Andrew Richards

Klingsor Claudio Otelli

Kundry Christiane Iven

Titurel Matthias Hölle

1. Gralsritter Heinz Göhrig

2. Gralsritter Mark Munkittrick

Vier Knappen Yuko Kakuta, Diana Haller,

Torsten Hofmann, Hans Kittelmann

Blumenmädchen Julia Borchert, Petra van der Mieden,

Tina Hörhold, Yuko Kakuta,

Agata Wilewska, Michaela Schneider

Stimme aus der Höhe Tina Hörhold

Staatsorchester Stuttgart

Chor der Staatsoper Stuttgart

Statisterie der Staatsoper Stuttgart

Weitere Aufführungen: 1., 5., 11., 25. April 2010

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