Eine Überraschung war Arnold Schönbergs Lied "Wie Georg von Frundsberg von sich selber sang" op. 3/1, wobei der romantische Überschwang an der Grenze zum Atonalen hervorstach. Manches erinnerte an Schönbergs Tondichtung "Pelleas und Melisande". Überladene Polyphonie paarte sich mit klanglicher Konzentration. Der formale Aufbau wurde von Christoph Pohl und Marcelo Amaral wirkungsvoll betont.
Von Johannes Brahms erklangen "Liebesklage des Mädchens" op. 48/3 und "Der Überläufer" op. 48/2, wo die thematischen Verbindungslinien von Marie Seidler und Marcelo Amaral gut herausgearbeitet wurden. Vor allem die klangliche Differenzierung hinterließ immer wieder tiefe Eindrücke.
"Himmelsboten" op. 32/5 und "Junggesellenschwur" op. 49/6 von Richard Strauss zeigten in der subtilen Wiedergabe durch Christoph Pohl bewegende Emphase und romantisch-schwärmerisches Gefühl bis hin zu poetischem Glanz.
"Nicht wiedersehen!" und "Scheiden und Meiden" von Gustav Mahler fesselten in der Interpretation von Marie Seidler durch geheimnisvolle Anklänge an Tonfall, Rhythmus und Wortwahl des alten Volkslieds. Manche magische Klangmischung erinnerte bereits an die suggestive Tonsprache Schönbergs. Dies zeigte sich insbesondere bei "Das irdische Leben" (Marie Seidler), "Revelge" (Christoph Pohl) oder "Ablösung im Sommer" (Marie Seidler), wo die spezifische Klangsprache Mahlers bis hin zu marschartigen Rhythmen genau getroffen wurde. Dabei dachte man dann auch an die eine oder andere Mahler-Sinfonie. Insbesondere im Duett entfalteten Marie Seidler und Christoph Pohl bei traumhaft gleitenden Melodien eine besondere gesangliche Intensität. Einzelne Motive stachen in reizvoller Weise hervor.
Von Johannes Brahms waren dann als weiterer Höhepunkt noch vier Duette op. 28 zu hören, wo Marie Seidler und Christoph Pohl ganz zusammenfanden. Marcelo Amaral begleitete sie auch bei den feinen dynamischen Steigerungen sehr dezent. Der jugendlich drängende Gestaltungswillen wurde hervorragend herausgearbeitet. Auch die kühne Kombination verschiedener Stilmittel blitzte hier reizvoll hervor. Einzelne Nummern wie "Die Nonne und der Ritter", "Vor der Tür", "Es rauschet das Wasser" und "Der Jäger und sein Liebchen" offenbarten einen geradezu überwältigenden Charakterisierungsreichtum.
Bei der Zugabe überzeugte noch "Guten Abend, gut' Nacht" von Johannes Brahms - vom Ensemble ganz unsentimental und fast schon melancholisch interpretiert. Begeisterter Schlussapplaus.