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„Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ von Bertolt Brecht im SCHAUSPIEL LEIPZIG

Premiere am 13.10., 19:30 Uhr | Große Bühne

Die Stadt Chicago nach dem Börsencrash: Eine Krise jagt die nächste, und wo spart man bei Inflation zuerst? Beim Gemüse. Selbst den sonst so beliebten Blumenkohl will gerade niemand mehr kaufen. Chicagos Gemüsehändler verzweifeln. Gestern noch im Ruhm und festen Bewusstsein, zu den führenden Blumenkohlhändlern der Erde zu zählen, heute schon bankrott.

 

Copyright: Schauspiel Leipzig

Des einen Leid ist des anderen Freud — das wittert Chicagos Gangsterboss Arturo Ui. Er weiß, selbst aus der größten Misere der Menschen lässt sich Kapital schlagen, und bietet an, den Gemüsehandel durch Androhung von Gewalt bei der Bevölkerung anzukurbeln. Statt sich auf den fauligen Deal Arturos einzulassen, schmieden die feinen Herren des Blumenkohls ihre eigene politische Intrige: Sie überreden den angesehenen, doch greisen Politiker Dogsborough, sich aus der Stadtkasse zu bedienen, um ihr Gemüsegeschäft zu retten. Doch Ui weiß die Schwächen anderer zu nutzen und gegeneinander auszuspielen. Er erkennt zudem, dass Intrige und rohe Gewalt allein nicht ausreichen, um weiter aufzusteigen. Rhetorik, Theatralik für die Manipulation der Menschen und Massen gehören unbedingt dazu. Wer sich Ui nicht anschließt, bekommt Konsequenzen zu spüren. Am Ende stehen Bluttaten und absolute Skrupellosigkeit: Uis Aufstieg ist vollbracht.

Bertolt Brecht schrieb 1941 im finnischen Exil diese Parabel auf die Machtübernahme Adolf Hitlers und der Nationalsozialisten. „Arturo Ui“ wurde eine der bekanntesten und bissigsten Satiren über einen politischen Tyrannen. Wie fassen wir das kaum Fassbare: den Widerspruch eines durch die Massen gestützten Aufstiegs von monströs wirkenden Tätern? Mit dieser Darstellung haben Künstler wie u. a. Brecht, Tabori, Chaplin oder Lubitsch gerungen. Täter als Strategen in einer komplizierten Matrix der Macht? Demagogen oder am Ende doch nur derbe Clowns mit Talent zur Begeisterung der Massen? Brecht siedelte seine Parabel im US-amerikanischen Gangstermilieu an, ein „Versuch, der kapitalistischen Welt den Aufstieg Hitlers dadurch zu erklären, dass er in ein ihr vertrautes Milieu versetzt wurde“. Was erzählt uns Brechts Parabel heute angesichts des Aufstiegs autokratischer Systeme bei gleichzeitiger Zunahme von Nationalismus, Korruption und Ungleichheit?

Nuran David Calis ist Regisseur, Autor und Filmemacher. Neben seinen Inszenierungen klassischer Theatertexte gilt er als Experte für dokumentarische Theaterformate mit politischen Schwerpunkten. Er inszenierte u. a. „Die Lücke — Ein Stück Keupstraße“, bei dem Zeugen des NSU-Nagelbombenanschlags von 2004 auf der Bühne des Schauspiel Köln zu Wort kamen, oder am Schauspiel Frankfurt „NSU 2.0“. „Arturo Ui“ ist nach zuletzt „Der Besuch der alten Dame“ seine fünfte Arbeit am Schauspiel Leipzig.

Regie: Nuran David Calis
Bühne: Irina Schicketanz
Kostüme: Johanna Stenzel
Musik: Vivan Bhatti
Dramaturgie: Benjamin Große
Licht: Ralf Riechert
Audiodeskription: Maila Giesder-Pempelforth, Matthias Huber, Ina Klose, Renate Lehmann
Theaterpädagogik: Amelie Gohla

Bettina Schmidt als Arturo Ui
Roman Kanonik als Ernesto Roma / Dockdaisy
Michael Pempelforth als Guiseppe Givola
Annett Sawallisch als Emanuele Giri
Markus Lerch als Der Ansager / Sheet / O'Casey / Ein Schauspieler / Ignatius Dullfeet
Denis Grafe als Clark / Der Ankläger
Teresa Schergaut, Anne Cathrin Buhtz als Flake / Richterin / Betty Dullfeet
Yves Hinrichs als Butcher / Verteidiger
Andreas Keller als Dogsborough
Luca-Noél Bock als Der Sohn Dogsboroughs / Fish der Angeklagte / Inna
Aicha-Maria Bracht als Bowl / Hook

 

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