Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Giacomo Puccinis «Tosca» in der Sächsischen Staatsoper DresdenGiacomo Puccinis «Tosca» in der Sächsischen Staatsoper DresdenGiacomo Puccinis «Tosca»...

Giacomo Puccinis «Tosca» in der Sächsischen Staatsoper Dresden

Premiere: Samstag 31. Januar 2009, 18.00 Uhr in der Semperoper

Die Sängerin Tosca und ihr Geliebter, der Maler Cavaradossi, sind Künstler. Und sie sind privilegiert. Cavaradossi arbeitet in der Kirche an einem Fresko.

Auf Toscas gesangliche Mitwirkung greift das Königshaus anlässlich der Siegesfeier über Napoleon Bonaparte und die ihn unterstützende italienische Bevölkerung zurück. Nicht jeder Künstler bekommt derartige Gelegenheiten. Folglich müssen Tosca und Cavaradossi begnadete Künstler sein.

Ihr besonderer Status rettet beide nicht vor der privat motivierten Verfolgung und dem Zugriff des Polizeichefs Scarpia. Der steuert die in Folter und Hinrichtung mündende politische Maschinerie zur Sicherung zurückgewonnener Macht des Königshauses. Weder für Tosca noch Cavaradossi gibt es einen davor schützenden Raum: Die Kirche ist ebenso ein Ort für Scarpias Zugriffe wie der Palazzo, in dem er seine Räume hat. Die Künstler bewegen sich in den Räumen der Machtzentrale und bemerken ihre persönliche Unfreiheit nicht.

Cavaradossis Liaison mit Tosca und seine Arbeit würden vielleicht einen alltäglichen Verlauf nehmen, wenn da nicht Scarpia auf der Lauer läge. In der Kirche spürt er nicht nur dem geflohenen politischen Gefangenen Angelotti nach, sondern auch den privaten Beziehungen Cavaradossis. Hier schürt er die Eifersucht Toscas und erhebt über das Te Deum der Gemeinde seine Lüsternheit.

In seinem Arbeitszimmer im Palazzo versucht er sich Toscas zu bemächtigen und steuert parallel die Folterung des inzwischen verhafteten Cavaradossi. Er geht «nur seiner Arbeit nach» und benutzt sie als Druckmittel gegenüber Tosca, die mit dem Geliebten leidet und ihn frei bekommen will. So macht Scarpia räumliche Sinnbilder der Macht zu jenen privater Intimität und Vergeltung. Dadurch, dass der politische Gefangene Angelotti in die Kirche geflohen ist und Cavaradossi ihm Fluchthilfe anbietet, gerät der Maler in Scarpias Maschinerie. Mit ihm Tosca, die von Scarpia begehrt wird und deren Abweisungen seinen Jagdsinn reizen. Also setzt Scarpia die ihm zur Verfügung stehende polizeiliche Gewalt im satanischen Spiel mit Tosca und Cavaradossi ein. Dem äußeren Anschein nach geht er legitim seinem Auftrag nach, Gegner aufzuspüren.

Sowohl Cavaradossi als auch Tosca rechnen nicht damit, ernsthaft in Schwierigkeiten mit der Obrigkeit, sprich Geheimpolizei, geraten zu können. Die Sängerin hält ohnehin zu Monarchie und Klerus, der Maler macht keinen Hehl daraus, mit der Opposition zu sympathisieren. Er ist als Anhänger der Ideen Voltaires, einem der Wegbereiter der Französischen Revolution, bekannt. Beide gehen von einer Freiheit aus, die sie nicht haben – und sind tödlich verwundbar.

Die Geschichte dieser drei leidenschaftlichen Menschen ereignet sich inmitten politischer Unruhen und ständiger Umbrüche in Italien. Die historischen Ereignisse existieren und lassen die Zeit der Handlung genau orten. Es ist der 17. Juni 1800, als Angelotti aus der Engelsburg flieht, Cavaradossi gefoltert wird, Tosca Scarpia tötet, und der 18. Juni 1800, als Cavaradossi im Morgengrauen hingerichtet wird und Tosca sich das Leben nimmt.

Die Hauptakteure haben gewisse Ähnlichkeiten mit dem Profil der einen und anderen historischen Persönlichkeit, historisch verbürgt ist nur der politische Gefangene Angelotti, einstiger Konsul der Republik Rom, jetzt Verfolgter, weil Adel und Klerus auf Siegeszug sind.

Die Schauplätze in der Stadt Rom sind authentisch: Kirche Sant’ Andrea della Valle mit rechtem Seitenschiff Capella Lancelotti, Palazzo Farnese, Engelsburg. Trotzdem lädt Puccini nicht zum Historienspektakel mit Sightseeing ein. Vor dem Hintergrund historischer Ereignisse und Schauplätze stehen Menschen, die sich inmitten politischer Kräftefeldern privat-menschlich verhalten oder politische Handlanger mit persönlichen Motiven sind.

«Tosca» in Dresden

Nach der Uraufführung am 14. Januar 1900 am Teatro Costanzi Rom fand die deutsche Erstaufführung am 21.10.1902 unter Ernst von Schuch an der Hofoper Dresden statt. Es folgten sechs weitere Neuinszenierungen in den Jahren 1910/ 1920 / 1946 / 1960 / 1974 und 1993.

Musikalisches Drama in drei Akten von Giacomo Puccini

nach dem Schauspiel «La Tosca» von Victorien Sardou

Libretto: Giuseppe Giacosa und Luigi Illica*

Musikalische Leitung Ivan Anguélov

Inszenierung Johannes Schaaf

Bühnenbild Christoph Cremer

Kostüm Petra Reinhardt

Licht Jan Seeger

Choreinstudierung Christof Bauer

Dramaturgie Ilsedore Reinsberg

Besetzung:

Floria Tosca Emily Magee (Tosca Rollendebüt)

Mario Cavaradossi Aleksandr Antonenko

Baron Scarpia Lucio Gallo

Cesare Angelotti Sangmin Lee

Der Mesner Matthias Henneberg

Spoletta Timothy Oliver

Sciarrone Peter Lobert

Es singen der Staatsopernchor und der Kinderchor

Es spielt die Sächsische Staatskapelle Dresden

Giacomo Puccini«Tosca»

weitere Vorstellungen: 3. | 6. | 8. | 11. | 16. Februar 2009

Karten: Schinkelwache, Theaterplatz 2, 01067 Dresden

Tel.: 0351 | 4911 705 E-Mail: bestellung@semperoper.de

____________________________________________________

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 22 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

STÜRMISCHE GLUT -- SWR Symphonieorchester unter Markus Poschner in der Liederhalle STUTTGART

Goethes "Egmont" inspirierte Ludwig van Beethoven im Jahre 1810 zu einer Schauspielmusik, die in keiner ihrer verschiedenartigen Nummern erkennen lässt, dass es sich dabei um ein Auftragswerk…

Von: ALEXANDER WALTHER

REIZVOLLE SPRÜNGE -- Arabella Steinbacher im Ordenssaal bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen

Stimmungsvolle Werke hatte sich die Geigerin Arabella Steinbacher zusammen mit dem Pianisten Peter von Wienhardt ausgewählt. Im Arrangement von Jascha Heifetz erklangen zunächst vier leidenschaftlich…

Von: ALEXANDER WALTHER

PRÄZISE STRUKTUREN -- Neue CD: Schostakowitschs Präludien & Fugen op. 87 bei Pentatone/ Wer sie in S

Wer sie in Stuttgart mit Prokofieffs drittem Klavierkonzert erlebt hat, wird sie nicht vergessen. Die Rede ist von der russischen Pianistin Yulianna Avdeeva, die die Präludien und Fugen von Dmitri…

Von: ALEXANDER WALTHER

RITTERLICHER HUMOR -- Das Stuttgarter Ballett zeigt "Don Quijote" im Opernhaus STUTTGART

In diesem Ballett von Maximiliano Guerra nach Miguel de Cervantes kämpft ein junges Paar um seine Liebe. Gleichzeitig begegnen wir Don Quijote als Träumer mit einem unglaublichen Durchhaltevermögen.…

Von: ALEXANDER WALTHER

UNENDLICHKEIT DER KLANGWELT -- Liederabend mit Benjamin Appl im Ordenssaal bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen

Die Nacht in all ihren geheimnisvollen Facetten stand im Mittelpunkt dieses bemerkenswerten Liederabends mit Benjamin Appl (Bariton), der auch bei Dietrich Fischer-Dieskau studierte, was man seinen…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑
StartseiteBeiträgeKritikenHintergründeTheatermacherServiceFachbegriffeSuche