Er entschließt sich, seinem Schicksal zu entfliehen. Doch jeder Schritt, von dem er glaubt, dass er ihn entfernt, bringt ihn nur näher an die Vorsehung heran und schleudert ihn gleichermaßen aus der Welt der Menschen. Ödipus ist der Rätsellöser. Er hat Theben von der mörderischen Sphinx erlöst, in dem er in ihrem Rätsel den Menschen erkannte und nun will er die Stadt, in der die Pest wütet, erneut retten. Ödipus ist zugleich der fanatische Wahrheitssucher. Indem er eine rücksichtslose Aufdeckung der mörderischen Tat am König Laios, seinem Vorgänger, verfolgt, wird er von seinem eigenen Werk vernichtet. Er will handelnd er selbst sein und muss erfahren, dass das unmöglich ist. Er ist Detektiv und Gesuchter, Richter und Täter in einer Person.
Als er erkennt, dass er der Mörder seines Vaters ist und mit der eigenen Mutter Kinder gezeugt hat, muss er nicht nur die entblößenden Blicke der anderen ertragen, sondern auch die intime Selbsterkenntnis der eigenen Schuld. Als Souverän der Polis muss er erleben, dass das Gesetz, das er verkörpert, ebenso wenig real gewesen ist wie das Bild, das er von sich selbst hatte. Als Mensch erfährt er, dass er an sich selbst gefesselt ist und sich selbst nicht zu entkommen vermag. Und dass auf der Lebensgeschichte eines jeden lastet, was er getan hat, und nicht nur das, was er absichtlich getan hat. So blendet sich der, der als Sehender blind war, am Ende selbst.
Regie
Dimiter Gotscheff
Mark Lammert
Dramaturgie
Beate Heine
Darsteller
Bernd Grawert
Karin Neuhäuser
Bibiana Beglau
Patrycia Ziolkowska
Oda Thormeyer