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SCHREI NACH LIEBE - Eine Woche deutscher Pathetik im Theaterhaus Jena SCHREI NACH LIEBE - Eine Woche deutscher Pathetik im Theaterhaus Jena SCHREI NACH LIEBE - Eine...

SCHREI NACH LIEBE - Eine Woche deutscher Pathetik im Theaterhaus Jena

vom 08. bis 11. Februar 2012. -----

Melancholie, Selbstmitleid und Auto-Aggression – stets waren sie auch Mittel zur Selbstinszenierung. Vor allem in der deutschen Geistesgeschichte: In aller Welt spricht man von Werther-Effekten oder der sprichwörtlichen German Angst.

Ob Empfindsamkeit, Sturm und Drang, Romantik oder Pop-Literatur – unsere Kultur wimmelt vor pathetisch-mitleidiger Selbst-Beschau. Die Deutschen sind ein Volk aus Zweiflern und Selbstmördern: Von Heinrich von Kleist bis zu Robert Enke. Mit drei performativen Projekten und einem kreativ- wissenschaftlichen Symposium widment sich das Theaterhaus mitten in den traurigsten Wintertagen dieser deutschen Tradition. Your Personal Guide to Traurigkeit:

PREMIERE AUF DER UNTERBÜHNE: 8. FEBRUAR, 20 UHR

ICH KOMME AUS MEINER HAUT

Sieben Tage Doppelmord nach Thomas Brasch

Das Festival startet mit einem Kriminalfall der besonderen Art:

Im Jahre 1905 stellt sich der vollkommen apathische Banklehrling

Karl Brunke der Polizei – er hat soeben die Schwestern

Alma und Martha Haars erschossen, es dann aber nicht

übers Herz gebracht, sich selbst das Leben zu nehmen. Über

20 Jahre beschäftigt sich der Schriftsteller Thomas Brasch mit

dem historischen Mädchenmörder Brunke, manisch, fieberhaft,

und ohne ein Ende zu finden: Zwei Frauen, drei Erzähler

und 14.000 Seiten Manuskript müssen dran glauben. Doch

bis zu seinem Tod schafft Brasch es nicht, das Geschehen schlüssig

zu rekonstruieren und seinen Alter Ego Brunke abzuschütteln.

Wie erstarrt bleibt er vor dem Rätsel seiner eigenen Identität stehen.

MIT: SEBASTIAN THIERS, YVES WÜTHRICH UND MATHIAS ZNIDAREC · LEITUNG:

ROMAN SCHMITZ & HANNAH SPEICHER · DRAMATURGIE: JONAS ZIPF · MUSIK:

LEVI RAPHAEL · VIDEO: CLEMENS JAROS

AM 10. FEBRUAR, AB 18:30 UHR. SYMPOSIUM UND INSTALLATION

AUF DER UNTERBÜHNE

Zorniger Engel dreht frei

SYMPOSIUM, INSTALLATION UND FILM

Ab in die Geschlossene! Gemeinsam mit Künstlern, Wissenschaftlern und Experten erforschen wir Sinn und Wahnsinn, Pathos und selbstinszenierte Untergänge, diskutieren über innere Emigration und die Eigenlogik des Selbstmörders. An diesem Abend im Bühnenbild von „Ich komme aus meiner

Haut“: der Becher-Biograf Jens-Fietje Dwars, der Kleist-Experte Günther Blamberger, der Brasch-Portraitierer Christoph Rüter sowie der Becher-Regisseur Egon Günther. Was haben Kleist, Becher, Brasch und Meinhof eigentlich gemeinsam? Moderator Christoph Stoelzl fühlt den Anwesenden und ihren alter Egos auf den Zahn. Parallel gibt es Filmausschnitte, Bilder und Texte der versammelten Selbstmörder. Im Anschluss zeigen wir im Oberstübchen die Verfilmung eines Becher-Romans, den DEFA-Klassiker „Abschied“.

AM 10. FEBRUAR IM ANSCHLUSS AN DAS SYMPOSIUM CA. 21 UHR,

IM OBERSTÜBCHEN, EHEMALS MALSAAL

Zorniger Engel dreht frei

FILM „ABSCHIED“

DDR, 1968, S/W, 107 MIN. · REGIE: EGON GÜNTHER · MIT: JAN SPITZER,

HEIDEMARIEWENZEL, ROLF LUDWIG, MANFRED KRUG U.A.

EINTRITT (UNABHÄNGIG VOM SYMPOSIUM): 5 EUR / 3 EUR ERMÄSSIGT

Hans-Peter Gastl treibt es auf die Spitze: er stiehlt Geld von seiner Großmutter, verkehrt mit expressionistischen Dichtern, sozialistischen Aufrührern und Prostituierten. Johannes R. Bechers autobiografischer Roman „Abschied“ galt in der DDR als Schulliteratur und erfreute sich zunächst keiner großen Beliebtheit. Doch dann spaltet ein DEFA-Film die junge Republik. Plötzlich wird die Geschichte vom widerständigen Hans-Peter Gastl, der gegen die Übermacht seines Vaters und Staatsanwalts und damit gegen die Generation der Kriegsverantwortlichen des 1. Weltkriegs rebelliert, zu einer Steilvorlage für das junge DDR-Dissidententum. Zeit, „Abschied“ zu nehmen – in seiner gleichnamigen Verfilmung zeigt Regisseur Egon Günther eine verlorene Generation, die sich zurückholt, was ihr zusteht: Lebensfreude, Lust und aufrichtige Empfindungen von Freiheit und

Gerechtigkeit.

DDR, 1968, S/W, 107 MIN. · REGIE: EGON GÜNTHER · MIT: JAN SPITZER,

HEIDEMARIEWENZEL, ROLF LUDWIG, MANFRED KRUG U.A.

AM 9. UND 10. FEBRUAR, JEWEILS AB 21 UHR IM KASSABLANCA

FREUDE SCHÖNER GÖTTERFUNKEN

Eurodance-Liederabend

Schwups die Wupps. Und wieder sitzen wir in der Retro-Falle. Wie sich ein Pop-Phänomen in Windeseile in einen Nostalgie-Klassiker verwandelt: In Nordamerika ist heute von einer europäischen Musik-Epoche die Rede, die in Europa kaum wertgeschätzt wird: Bei „Eurodance“ könnte man getrost von einer „Geburt aus dem Geiste der Romantik“ sprechen. Zeit, den Export-Schlager Dancefloor aus dem Korsett der U-Musik zu befreien und sich auf romantische Tugenden zu besinnen. Im Kassablanca geben wir einen Liederabend der nostalgischen Sorte, von und mit dem Ensemble des Theaterhauses: „What is love?“ unplugged, „Barbie Girl“ als melancholische Solo-Nummer, „Mr. Vain“ als Akustik-Ballade...

MIT: ELLA GAISER, NATALIE HÜNIG, TINA KESEROVIC, BENJAMIN MÄHRLEIN,

LENA VOGT UND FRIEDEMANN ZIEPERT · LEITUNG: FELIX LANGE · DRAMATURGIE:

JONAS ZIPF · BÜHNE/KOSTÜME: VERONIKA BLEFFERT & BENJAMIN SCHÖNECKER

AM 11. FEBRUAR, HAUPTBÜHNE

DAS LEBEN IST EIN SCHWERES SPIEL

Reenacting the Reenactment

nach Kleist/Becher/Müller/Meinhof

Mit einer zweiten biografischen Performance endet das Kurz-Festival. „Das Leben ist ein schweres Spiel“ beschäftigt sich gleich mit einer ganzen Reihe von präzise inszenierten Selbstmorden: 100 Jahre nach dem Freitod von Heinrich von Kleist und seiner Gefährtin Henriette Vogel versucht Johannes R. Becher sich in Jena das Leben zu nehmen. Genau wie Kleist verschickt er in vorauseilender Euphorie Briefe und letzte Grüße. Doch sein Reenactment gelingt nicht ganz: nur die Geliebte stirbt, er überlebt. Auch andere deutsche Künstler treten in die Fußstapfen Kleists: Sowohl im Nachlass Ulrike Meinhofs als auch bei Heiner Müller finden sich Spuren zum Freitod des Romantikers. Wann nimmt das Selbstmorden endlich ein Ende?

MIT: ANDREAS BITTEL, STEFANIE C. BRAUN, PHILIPP ENGELHARDT, KORINNA

KRAUSS, SIMONA SBAFFI, INA TEMPEL, GILLES WELINSKI UND DEN SCHUHPLATTLERN

DES TRACHTENVEREINS MÜNCHEN · REGIE UND RAUM: SEBASTIAN HIRN · FOTOINSTALLATION:

KATHARINA GAENSSLER · KOSTÜME: VERONIKA BLEFFERT · MUSIK:

HELGA POGATSCHAR

Pathetik-Festival-Pass.

3 Vorstellungen, das Symposium und ein Film zum Preis

von 25 EUR / 20 EUR ermäßigt.

Kartentelefon:

+ 49 3641 8869 44

Anfragen per Mail

tickets@theaterhaus-jena.de

www.theaterhaus-jena.de

Vorverkauf:

Tourist-Information Jena

Telefon: + 49 3641 498050

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