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Theaterpreis des Bundes - Die Preisträger

Der im Jahr 2015 als eine Art Pilotprojekt zur Unterstützung kleiner und mittlerer Theater ausgelobte Theaterpreis des Bundes hat erste Preisträger. Eine von Kulturstaatsministerin Monika Grütters berufene Jury hat aus 187 Bewerbungen zwölf Theater ausgewählt.

„Ich verstehe den Preis als ‚Ermutigungspreis‘. Er soll die Theater in ihrer Rolle als Orte der ästhetischen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen würdigen und stärken. Die Auswahl der Preisträger spiegelt die einzigartige künstlerische Vielfalt der Theaterlandschaft in Deutschland“, so Kulturstaatsministerin Monika Grütters.

 

Der Theaterpreis des Bundes richtet sich an kleine und mittlere Theater - insbesondere auch jenseits der Metropolen -, deren Programm in der Spielzeit 2014/15 Grundlage der Bewertung war. Mit den Preisgeldern in Höhe von insgesamt 900.000 Euro möchte der Bund diese Bühnen ermutigen, erfolgreiche Beispiele einer in die Stadtgesellschaft wirkenden Kulturarbeit fortzuführen.

 

Der Jury gehören an: Barbara Behrendt, Holger Bergmann, Detlef Brandenburg, Barbara Mundel, Anne Peter. Die Realisierung des Theaterpreises erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Bundesrepublik Deutschland des Internationalen Theaterinstituts (ITI). Die Verleihung der Preise ist für Ende Januar 2016 vorgesehen.

 

Die Ausgezeichneten sind:

 

Anhaltisches Theater Dessau

„Das Anhaltische Theater in Dessau hat unter hohem politischem Kürzungsdruck ein in allen Sparten ambitioniertes und profiliertes Programm umgesetzt. Die mit einem Recherche-Projekt verbundene Produktion „Kristallpalast“, eine Kooperation der beiden vorübergehend von Schließung bedrohten Sparten Tanz und Schauspiel, zeigte beispielhaft die Öffnung des Theaters zur Geschichte der Stadt und ihrer Einwohner. Die Jury versteht den Preis an das Anhaltische Theater Dessau auch als Ermutigung, diese Programmlinie unter erschwerten finanziellen Bedingungen und einer neuen Intendanz weiter fortzusetzen.“

 

Das letzte Kleinod

„Die Gruppe „Das letzte Kleinod“ ist ein herausragendes Beispiel für zeitgemäße Theaterarbeit im ländlichen Raum zwischen Bremerhaven und Buxtehude. Dort, im Bahnhof Gestenseeth, ist der Sitzort der Gruppe, von dort aus bricht sie mit den Zuschauern in ihrer eigenen Theater-Eisenbahn, dem „Ozeanblauen Zug“ mit bis zu zehn Waggons, auf zu Expeditionen in die gesamte Region. Ihre Stücke setzen sich mit den Themen der Kulturlandschaft an der Nordseeküste auseinander: Arbeit, Flucht, Migration, Kolonialismus, Forschung, Piraterie und Krieg. Aus dieser regionalen Verortung heraus hat die Gruppe neue, zeitgemäße Formate zum hochaktuellen Thema Flucht und Vertreibung entwickelt, die sie auch in internationalen Kooperationen umsetzt. Außerdem bilden Produktionen für Kinder und Jugendliche eine wichtige Programmlinie.“

 

Heimathafen Neukölln

„Der Heimathafen Neukölln, der von einem vierköpfigen Team engagierter Theaterfrauen geleitet wird, macht Volkstheater für den Kiez und gewinnt seine Stoffe mit Vorliebe aus der unmittelbaren Umgebung, inszeniert Texte von Neuköllner Autoren und entwickelt immer wieder Rechercheprojekte um ortsspezifische Geschichte(n) herum. Mit seinem bunten Spielplan-Mix aus Theater, Konzerten, Poetry-Slams, Kabarett und Lesungen, in dem Migrations-, Asyl- und Fluchtgeschichten schon seit langem eine zentrale Rolle spielen, lockt er ein breites Publikum an und sucht trotz freier Strukturen die Kontinuität des Repertoires. Dabei gelingen mit geringsten szenischen Mitteln immer wieder kleine Perlen des empathisch rollenwechselnden Spiels, wofür exemplarisch die auch überregional stark wahrgenommenen Arbeiten der Regisseurin Nicole Oder stehen können, die in 2014/15 die Stückentwicklung „Ultima Ratio“ über einen Neuköllner Kirchenasylfall erarbeitete.“

 

Figurentheaterzentrum Westflügel Leipzig

„Mit dem Preis für das Figurentheaterzentrum „Westflügel Leipzig“ möchte die Jury ein Theatergenre würdigen, das oft im Schatten der medialen Aufmerksamkeit steht. Der „Westflügel“ ist ein Ort, der der Öffentlichkeit ein bemerkenswert breites Spektrum des nationalen und internationalen Figurentheaters präsentiert. Im Zentrum des Programms stehen die Produktionen des Hausensembles „Wilde & Vogel“, darüber hinaus werden zahlreiche internationale Kooperationen, Arbeiten von Nachwuchskünstlern sowie Workshops und andere Diskursplattformen initiiert, außerdem besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem „FITZ! – Zentrum für Figurentheater Stuttgart“. Damit hat sich der „Westflügel“ nicht nur zu einem bemerkenswerten Produktionsort, sondern darüber hinaus zu einem Thinktank heutigen Figurentheaters entwickelt.“

 

Forum Freies Theater

„Das Forum Freies Theater (FFT) in Düsseldorf gestaltet seit nun 15 Jahren ein Programm zwischen Beteiligung der Stadtbewohner und experimentellen künstlerischen Positionen der Darstellenden Künste. Hierfür erfindet es mit regionalen sowie internationalen Künstler*innen immer wieder neue Formate, in denen es gelingt unterschiedliche Disziplinen konzeptionellen Denkens mit ästhetischen Aktionen zu verbinden. Das FFT erzeugt dabei auf Augenhöhe eine Sphäre aus Stadt, Kunst und Theater, die bestrebt ist Denkfiguren nicht nur als künstlerischen Prozess zu begreifen, sondern deren Komplexität zu vermitteln und in die Lebenswirklichkeit zu übertragen.“

 

FUNDUS Theater

„Das „FUNDUS Theater“ im Hamburger Stadtteil Wandsbek ist ein in seiner Art einzigartiges Kindertheater in Deutschland, das sich als soziale Experimentierstätte versteht und Kinder zu Erforschern der sie umgebenden Wirklichkeit macht. Gelungene szenische Projekte wie der Klassentausch, die Kinderbank und der Haarsalon lassen Kinder unterschiedlichster Herkunft im Rollentausch die Welt erfahren. Empathie und Neugier werden so zu den wichtigsten Instrumenten spielerisch die Zukunft zu gestalten. Mit dem „FUNDUS Theater“ möchte die Jury ein besonders mutiges und waches Kindertheater auszeichnen, das erfolgreich seinen Weg abseits der erprobten Formen geht.“

 

Maxim Gorki Theater

„Auch in der Spielzeit nach dem viel beachteten Intendanzstart von Shermin Langhoff und Jens Hillje bleibt das Maxim Gorki Theater wegweisend dafür, dass es die Diversität der Stadt Berlin in der Stoffwahl sowie in der Zusammensetzung seines mehrheitlich postmigrantischen Ensembles mit vielfältigem Erfahrungshintergrund spiegelt – und dabei zeigt, wie zukünftiges Stadttheater im Einwanderungsland Deutschland aussehen könnte. Mit Stückentwicklungen und Inszenierungen, die entweder neue Texte fürs Theater entdecken oder aber den Kanon mit entschiedenen Interpretationen neu lesbar machen, hat dieses Theater ein junges und heterogenes Publikum gewonnen und gebunden. Das Gorki unternimmt dabei auch immer wieder unbequeme Setzungen wie die offensive Thematisierung des Völkermords an den Armeniern (und die Rolle Deutschlands dabei) in den Themenwochen „Es schneit im April“ oder die Zusammenarbeit mit dem Zentrum für politische Schönheit („Erster Europäischer Mauerfall“).“

 

Stadttheater Bremerhaven

„Das Stadttheater Bremerhaven hat auf vorbildliche Weise gezeigt, wie sich ein Haus abseits großer Theatermetropolen auf die Stadt und ihre Bevölkerung zubewegen und sich mit der Geschichte, der aktuellen Situation und den drängenden Problemen seines Ortes auseinandersetzen kann. Durch spartenübergreifende Produktionen und Rechercheprojekte sowohl im Theater selbst wie auch an exponierten Außenspielorten stellt sich das Theater der spezifischen Situation einer hochverschuldeten Hafenstadt im Spannungsfeld von Arbeitslosigkeit, Werftenkrise und wirtschaftlichem Wandel.“ – Jurybegründung

 

Städtische Bühnen Osnabrück

„Den Städtischen Bühnen Osnabrück gelingt es auf beeindruckende Weise, mit allen Sparten gleichermaßen ein qualitativ bemerkenswertes und stringentes Programm zu gestalten. Nachhaltige Autorenförderung steht hier ebenso im Zentrum wie ein ambitioniertes Musiktheater, das sich selten gespielten und zeitgenössischen Opern öffnet. Mit groß angelegten Rechercheprojekten und einem vom früheren Leitungsteam übernommenen, geradlinig weitergeführten Festivalkonzept vernetzt sich das Theater intensiv im öffentlichen Raum. Die konsequente Pflege der Ensemblearbeit sorgt für eine stabile Verankerung des Hauses in der ganzen Stadt.“ – Jurybegründung

 

Theater der Altmark

„Das Theater der Altmark (Landestheater Sachsen-Anhalt Nord) zeichnet sich durch ein Konzept aus, das neben einem breiten und ambitionierten Programm mit einer engagierten Bürgerbühne eine entschlossene Öffnung in die Stadt verfolgt. In mutigen Kooperationsformaten überschreitet das Landestheater in Stendal bewusst die Grenzen zwischen Kunst und Sozial-Arbeit und verweist damit auf die wachsende Leerstelle des Sozialen in der Gesellschaft. Mit den sozialen Interventionen schließt es beispielhaft gesellschaftliche Defizite, übernimmt unmittelbare Verantwortung für das Zusammenleben und setzt damit aktiv ein künstlerisches Zeichen für die Situation in Stadt und Land.“

 

Theater der Jungen Welt, Leipzig

„Das Leipziger „Theater der Jungen Welt“ ist nicht nur ein Haus mit großer Tradition im Kinder- und Jugendtheaterbereich, es hat sich auch bestens für die Gegenwart und Zukunft aufgestellt: Der Spielplan ist mit ungewöhnlichen Stückentwicklungen, mit Gegenwartsdramatik und experimentellen Tanzprojekten konzipiert – die dann ein starkes Ensemble auf kontinuierlich hohem Niveau für die Bühne umsetzt. Originäre Stoffe und vielfältige Regiehandschriften fordern die jungen Zuschauer (und Erwachsene!) auch ästhetisch immer wieder beispielhaft heraus, sich mit den eigenen widersprüchlichen Gefühlen und Haltungen wie mit den Ambivalenzen der sie umgebenden Welt auseinanderzusetzen.“

 

Theater Oberhausen

„Wenige Stadttheater öffnen sich derart kontaktfreudig der Freien Szene wie das Theater Oberhausen, sei es im Rahmen der Doppelpasskooperation (mit dem Kollektiv geheimagentur, das hier 2014/15 das Lecture Musical „Sweat Shop“ erfand), sei es bei der Kooperation mit dem Mülheimer Ringlokschuppen und dem Stadterkundungsprojekt „54. Stadt“, für das zu Beginn der Spielzeit vier freie Gruppen theatrale Zukunftsvisionen des Ruhrgebiets entwarfen. Mit einem hervorragend aufgestellten Ensemble im Hintergrund ist es Intendant Peter Carp in den letzten Jahren immer wieder gelungen, bemerkenswert avancierte Ästhetiken in der Stadt zu etablieren und internationale Regisseure für sein Haus zu gewinnen (in 2014/15 z.B. Andriy Zholdak, Bram Jansen und Simon Stone). Auf besonders produktive Weise glückt hier der Spagat zwischen künstlerisch herausfordernden Handschriften und regionaler Anbindung.“

 

 

 

 

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