Jaspers Erklärung für das Handeln der jungen Frauen und Mädchen: verzweifeltes Heimweh. In der Überzeugung, erst dann nach Hause zurückkehren zu können, wenn der Grund für den Aufenthalt in der Fremde ausgelöscht wird, begingen die Kindermädchen Straftaten, zu denen sie unter anderen Umständen niemals in der Lage gewesen wären. Heimweh als Auslöser einschneidender Persönlichkeitsveränderungen?
Karl Jaspers hat diesbezüglich keine Zweifel. Nicht zu erwarten ist nun, dass Christoph Marthaler am SchauSpielHaus eine wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung der Doktorwürde inszeniert. Vielmehr werden einzelne Figuren, von denen Jaspers in seiner Studie berichtet, in jenem musikalisch-szenischen Raum auftauchen, in welchem der Schweizer Regisseur den Dimensionen und Folgen der weltweit unterschätztesten Krankheit auf seine sehr eigene Weise nachspüren wird. Als Heimweh-Spezialist von Geburt an. Denn in Marthalers Herkunftsland trägt der unkontrollierbare Gemütsschmerz folgenden schicksalhaften Namen: „La maladie suisse“.
Es spielen: Olivia Grigolli, Rosemary Hardy, Irm Hermann, Ueli Jäggi, Josef Ostendorf, Martin Pawlowsky, Sasha Rau, Martin Schütz, Clemens Sienknecht, Bettina Stucky, Ulrich Voß
Regie: Christoph Marthaler
Bühne: Anna Viebrock
Kostüme: Sarah Schittek
Licht: Annette ter Meulen
Musik: Clemens Sienknecht, Martin Schütz
Dramaturgie: Malte Ubenauf
Weitere Aufführungen: 27/2, 2/3