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Uraufführung: »In der Fremde« von Rebekka Kricheldorf - Deutsches Theater in Göttingen

Premiere am Fr, den 20. November 2015 um 20.00 Uhr | DT— 2. -----

In der Fremde können neben Urlaubsträumen auch erotische Fantasien eine Chance bekommen, die zu Hause niemals auslebbar wären. Hier ist nebensächlich, ob das Beuteschema rassistisch ist oder der Körper, auf den man steht, leider zufällig knapp unter der Adoleszenzgrenze liegt.

»In der Fremde«, so nannten gleich mehrere deutsche Poeten ihre Gedichte: Brentano, Eichendorff, Heine, Storm … Meist geht es um das Gefühl der Verlorenheit in einer unbekannten Umgebung, Heimweh, Verlust des Liebchens und dennoch das Bedürfnis, weiter zu ziehen.

 

Ganz im Gegenteil die Figuren dieses Stückes: Sie ziehen aus, weil die Fremde etwas zu versprechen scheint, das ihnen die Heimat verweigert. Selbstvergessenheit und Abenteuer, Neuanfang und Entspannung. Und nicht zuletzt, uneingestanden oder offensiv angegangen: sexuelle Erfüllung. Auch, wenn diese ihren Preis hat.

 

Das Stück wirft einen Blick auf verschiedene Versuche, seine exotisch-erotischen Sehnsüchte im Ausland zu befriedigen. Es beleuchtet die verwischende Grenze zwischen Liebelei und Sextourismus, Gefühl und Geschäft. Inwieweit besitzt die Erzählung vom Mann als ewigem Täter und der Frau als ewigem Opfer tatsächlich Gültigkeit? Wie spiegeln sich die Projektionsfläche ›exotisches Sexualobjekt‹ und die des ›reichen Gönners‹ ineinander? Warum zahlen Frauen selten für Sex, beziehungsweise verdrängen, dass sie es manchmal doch tun?

 

In der Fremde bekommt man eine zweite Chance: Der sexuelle Status wird neu zugeordnet. Hier ist nebensächlich, ob das Beuteschema rassistisch ist oder der Körper, auf den man steht, leider zufällig knapp unter der Adoleszenzgrenze liegt. Hier kommt es nur

darauf an, das zu bieten, was der andere am dringendsten braucht: Geld, Kleider, Sicherheit, Medikamente und Aussicht auf ein besseres Leben. Der Käufer hängt seine sexuellen Hoffnungen an den Gekauften, der mit monetären Hoffnungen antwortet. Wie souverän können beide Seiten dieser Geschäftsbeziehung bleiben?

 

Rebekka Kricheldorf

Für das Deutsche Theater Göttingen schrieb die 1974 geborene Autorin bereits »Homo Empathicus« als Stückauftrag, das die Spielzeit 2014/15 in der Regie von Erich Sidler eröffnete und zu den Mülheimer Theatertage NRW Stücke 2015 eingeladen wurde. Rebekka Kricheldorf, die an der Berliner Universität der Künste Szenisches Schreiben studierte, ist Preisträgerin des Kasseler Preises für Komische Literatur und lebt in Berlin.

 

Regie Erich Sidler

Bühne und Kostüme Gregor Müller

Dramaturgie Matthias Heid

 

Mit

Gabriel von Berlepsch, Elisabeth Hoppe, Rebecca Klingenberg, Gerd Zinck

 

So, 29.11.2015

So, 06.12.2015

Sa, 12.12.2015

So, 20.12.2015

Di, 29.12.2015

 

 

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