Die Inszenierung spielt mit verschiedenen Erzählperspektiven. Im ersten Teil des Abends werden aus der Sicht des Protagonisten Robert Freytag die entscheidenden Momente im Leben seiner Vorfahren untersucht; der zweite Teil stellt die Frage nach der Entwicklung seiner Identität. „Die eigene Familie, das sind die größten Feinde, die versuchen wirklich, einen aufzufressen“, sagt dazu Oskar Roehler.
Als Erich Freytag aus der russischen Kriegsgefangenschaft heimkehrt, wartet niemand auf ihn. Seinen Platz in der Familie muss er sich erst wieder erkämpfen. Unnachgiebig wird er das tun, resolut, so wie er zuvor dem Führer gedient hatte und schließlich durch die Produktion von Gartenzwergen Teil des deutschen Wirtschaftswunders werden wird. Er hat Erfolg und macht immer weiter, weil ihn nicht nach Ruhe verlangt. Er will nicht verwöhnt werden. Er glaubt nur noch an seine Arbeit.
Sein Sohn Rolf wird zuerst als große Hoffnung der deutschen Literatur gehandelt. Den Vorsatz, dem Schweigen seiner Eltern eines Tages eine Stimme zu leihen, die Stimme eines Romans, lässt Rolf aber fallen und verstummt ebenfalls. Sein Los erfüllt sich als Kassenwart der RAF und einflussreicher Lektor der Gruppe 47, zu der auch seine weit erfolgreichere Frau und Schriftstellerin Nora gehört. Ihre Liebe, die für Nora eine Flucht aus der Kleinbürgerfamilienhölle ihrer von dem gesellschaftlichen Aufstieg besessenen Eltern darstellt und für Rolf eine kostbare Quelle der literarischen Inspiration bedeutet, zersetzt sich in Alkohol und selbstzerstörerischen Eskapaden. Robert wächst vernachlässigt in der enthemmten Atmosphäre der 68er auf. Kein einziges Mal sieht er seine Eltern zärtlich, lächelnd oder in einer innigen Umarmung. Stattdessen wird er zu einem Heimatlosen und Getriebenen, der vergebens Geborgenheit und Zuhause sucht…
Oskar Roehler beschäftigt sich künstlerisch seit über 20 Jahren in Filmen mit seiner eigenen Familiengeschichte. Sein Roman „Herkunft” stellt uralte und hochaktuelle Fragen: Inwieweit sind wir geprägt von Eltern und Großeltern und inwieweit sind wir in unseren Entscheidungen frei? Es werden verschiedene Handlungsmuster über Generationen gezeigt – und es geht auch um die Frage, „ab wann einem das eigene Leben gehört“, so Produktionsdramaturgin Viktorie Knotková.
Regisseur Frank Abt inszeniert unter anderem am Deutschen Theater in Berlin, Thalia Theater Hamburg, Münchner Volkstheater, Theater Osnabrück, Schauspielhaus Graz und am Maxim Gorki Theater Berlin. Am Theater Bremen ist er als Regisseur der Familienstücke „Robin Hood“ und die „Die Brüder Löwenherz“ bekannt. Die Uraufführung von Oskar Roehlers „Herkunft“ ist seine zweite Arbeit am Theater Bremen in dieser Spielzeit.
Regie: Frank Abt
Ausstattung: Susanne Schuboth
Musik: Moritz Krämer
Dramaturgie: Viktorie Knotková
Mit: Claudius Franz, Nadine Geyersbach, Lisa Guth, Gabriele Möller-Lukasz, Susanne Schrader, Robin Sondermann, Matthieu Svetchine, Alexander Swoboda
Weitere Termine unter www.theaterbremen.de