Teil 1: Baustelle – Mensch
Tanzstück von Anke Glasow
Musik: Alfred Schnittke: “Trio für Violine, Violoncello und Klavier”
„Jeder bewegt sich ständig mit seinen eigenen Bedürfnissen, Ansprüchen und Erfahrungen in einem Spannungsfeld zu anderen Menschen. Dadurch ist natürlich eine ständige Reibung gegeben, aber auch eine unerschöpfliche Möglichkeit Einflüsse aufzunehmen, daran zu wachsen, neue Erfahrungen zu sammeln für sich… und für andere. Je nachdem, wie sehr diese Wahrnehmungen sensibilisiert sind, können „kleine“ Begegnungen zu enormen Veränderungen führen und tiefe Einschläge erst langsam Wirkung zeigen.“
Anke Glasow
Anke Glasow will mit ihrer Choreographie kein Urteil fällen, keine Belehrung liefern, keine Interpretation von Wirklichkeit, sondern ihre Beobachtungen und Wahrnehmungen aus dem Alltag bündeln, um dem Zuschauer eine andere Perspektive des eigenen Umfelds zu ermöglichen. Ihr Stück zeigt einen bewußt gewählten Ausschnitt, fragmentarische Lebensmomente, die jederzeit beginnen und auch aufhören können. Entstünde das Stück nicht gerade eben jetzt, sondern zu einer anderen Zeit, in einem anderen Land – es sähe sicher ganz anders aus.
Teil 2: Das Blaue vom Himmel
Tanzstück von Birgit Scherzer
Musik: Heinrich Ignaz Franz Biber: „Passacalia – Schutzengelsonate“
Antonio Vivaldi: „Le Quattro Stagioni“
Mit viel Augenzwinkern nähert sich Birgit Scherzer der allseits bekannten Musik von Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, denen sie Ignaz Franz Bibers „Schutzengelsonate“ als Prolog voranstellt. Ausgehend von den großen Phantasieräumen, die Vivaldi uns eröffnet nutzt Birgit Scherzer die daraus entstehenden tänzerischen Spielräume und führt uns humorvoll durch den Wechsel von Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Und hält dabei so manche kleine Überraschungen bereit. Dazwischen stehen immer wieder auch lyrische, poetische Momente. Doch den gängigen Klischees der Jahreszeiten wird, wenn überhaupt, dann nur mit Ironie begegnet.
„Kleine, blaßrote Blüten, wenn auch noch winziger als sonst, sitzen immer noch an den Zweigen. Zitternd in der kalten Nachtluft, träumen sie vom Kommen des Frühlings, vom Kommen des Herbstes und von dem mageren Poeten, dessen Tränen auf ihre Blütenblättchen fallen, und der ihnen erzählt, daß auf den Herbst erst der Winter, auf diesen aber der Frühling folgen wird, und daß dann die Schmetterlinge sie umgaukeln und Bienen Frühlingsmelodien summen werden. Dann lächeln die kleinen blaßroten Blüten, obwohl sie sich vor lauter Kälte ganz rot verfärbt haben und immer noch zittern.“
Birgit Scherzer