Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
„Bacon“ von Nanine Linning - Theater Heidelberg „Bacon“ von Nanine Linning - Theater Heidelberg „Bacon“ von Nanine...

„Bacon“ von Nanine Linning - Theater Heidelberg

Premiere Sa 18.03.2017, 20.00 Uhr, Zwinger1. -----

Die britische Premierministerin, Margret Thatcher, war schockiert. Sie meinte, das sei doch der Mann, der diese ‚schrecklichen Bilder‘ male. In der Tat: der britische Maler Francis Bacon stieß mit seinen Werken in die Abgründe der menschlichen Seele vor. Die Beziehungen zugrundeliegender Mechanismen von Begehren, Dominanz und Ausgrenzung stellte er auf eine schonungslos ehrliche Weise dar, die von schmerzhafter Schönheit zeugt.

Und gerade diese Sicht auf die Dinge machte ihn zu einem der erfolgreichsten Künstler der Welt. Bacon vertrat die Meinung: Seine Gemälde könnten nicht annähernd so entsetzlich sein, wie das Leben selbst. Sein starkes Werk war sicher auch von biografischen Erlebnissen geprägt.

Nanine Linning ergründet diesmal mit ihrem Stück die Gefühlswelten der Bilder Francis Bacons. Sie entdeckt in der Kompromisslosigkeit der Darstellung auch eine Analogie zur eigenen Kunst: „Mich interessiert das Tierische, das Instinkthafte. Ich fordere meine Tänzer auf, ihre eigenen Grenzen zu überschreiten.“ Mit exzessiver Körperlichkeit erforscht die Choreografin fundamentale Verhaltensmuster, die mit ihrer Archaik und Unbarmherzigkeit die Grenzen zwischen menschlichem und animalischem Gebaren verschwimmen lassen. Aus beinahe beunruhigender Nähe wird der Zuschauer Zeuge des Kampfes des Einzelnen um Zugehörigkeit ein Solo gleich einem Schrei aus der Isolation. Physisch erfahrbar wird das Ringen um Überlegenheit in Duetten von ergreifender Intensität und einem Trio, dessen untrennbare Verbundenheit keinerlei Harmonie zulässt.

Der Darstellung fundamentaler Verhaltensweisen steht in Bacons Kunst das Geheimnis um das gegenüber, was das Bild nicht zeigt, allenfalls andeutet – die verborgene Seite des Portraits, der Raum hinter dem Bild. Auch Linnings Szenerie spielt mit diesen Dunkelstellen, wie auch mit den charakteristischen geografischen Strukturen in Bacons Gemälden, die die Figuren zu umgrenzen scheinen.

Zutiefst faszinierend und erschütternd zugleich kehrt das - u. a. mit dem ‚Swan‘ für die beste niederländische Choreografie ausgezeichnete Stück - zwölf Jahre nach seiner Entstehung in einer aktuellen choreografischen Bearbeitung sowie mit neuem Video- und Lichtdesign auf die Bühne zurück. „Bacon“ erfuhr seine Uraufführung 2005 mit der (freien) Kompanie NANINELINNING.NL in den Niederlanden. 2010 gab es am Theater Osnabrück eine Neufassung und nun – 2017 - wird der Abend am Theater und Orchester Heidelberg mit einem Tänzer mehr als in der ursprünglichen Fassung neu inszeniert und choreografiert.

Besonders stolz ist Nanine Linning, dass die allererste Probe mit den Tänzern der Companie bereits im Dezember 2016 in der Staatsgalerie Stuttgart im Rahmen der damaligen Bacon – Ausstellung durchgeführt werden konnte. Dadurch gelang es, den Tänzern einen ganz eigenen Zugang zu den Werken des Malers zu öffnen und sie zu inspirieren.

Konzept, Choreografie, Szenografie, Kostüme Nanine Linning;

Video Juliane Noß;

Musik Jacob ter Veldhuis

Tickets: www.theaterheidelberg.de; 06221|5820.000

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 14 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

VON TROLLEN UND BAUERNCHÖREN -- "Musik von Zuhause", Konzertgala über Grenzen, die verbinden in der Staatsoper STUTTGART

Zur Einstimmung in die neue Spielzeit hatte das Staatsorchester Stuttgart unter der inspirierenden Leitung von Daniel Cohen ein abwechlungsreich-buntes Programm zusammengestellt.  

Von: ALEXANDER WALTHER

HARMONISCHER STURM -- Internationale Bach-Akademie Stuttgart mit Bach-Kantaten und der Gaechinger Cantorey in der Gedächtniskirche STUTTGART

Bach hatte hinsichtlich seiner Kantaten wirklich Visionen. Dies machte der Dirigent Hans-Christoph Rademann zusammen mit der Gaechinger Cantorey überzeugend deutlich. Die vielschichtige Harmonik der…

Von: ALEXANDER WALTHER

FULMINANTE BESCHREIBUNG DES CHAOS -- Antrittskonzert von Francois-Xavier Roth mit dem SWR Symphonieorchester im Beethovensaal der Liederhalle STUTTGART

Einen Einblick in das vielseitige Spektrum des Repertoires des SWR Symphonieorchesters vermittelte dieses Antrittskonzert unter der Leitung von Francois-Xavier Roth.  

Von: ALEXANDER WALTHER

HULDIGUNG AN EINEN KLANGMAGIER -- Neue CD: Pianist Matthias Kirschnereit - "Wagner Liaisons" bei Berlin Classics

Richard Wagner war vor allem ein Meister der suggestiven Klangmagie. Dem trägt das neue Album des Pianisten Matthias Kirschnereit Rechnung. Wagners Zeit in der Schweiz, seine Jahre in Zürich und…

SPHÄRENHAFTE AURA -- Neue CD "OPIUM" von Eckart Runge (Cello) und Jacques Ammon (Klavier) bei Berlin Classics

Das neue Album "OPIUM" von Eckart Runge (Cello) und Jacques Ammon (Piano) ist eine Hommage an die "Roaring Twenties" - eine Zeit der rauschhaften Lebenslust. Die Musik dieses Albums steht in direkter…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑
StartseiteBeiträgeKritikenHintergründeTheatermacherServiceFachbegriffeSuche