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Das Theater Plauen-Zwickau verliert sein Puppentheater, aber Puppentheater für die Region soll erhalten bleiben

Welches Angebot an Theater und Konzerten kann das vor 16 Jahren fusionierte Theater Plauen-Zwickau in Zukunft vorhalten? Welche Sparten in welcher Größenordnung wollen die Gesellschafter und der Kulturraum als Vertreter der Bevölkerung in Zukunft ermöglichen. Der am 01.08.2015 in Kraft getretene Grundlagenvertrag zwischen den beiden Trägerstädten Plauen und Zwickau hat kürzlich seine Untersetzung mit vorrausschauenden Jahresplanungen bis 2020 gefunden.

Dabei wurde klar, dass die vom Gesellschafter Plauen ausgelösten Einsparungen ein großes Maß an weiterer Verzichtsbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen des Theaters, und von der Theaterleitung eine Definition der Mindeststandards stehender Ensemble unter Verlust von fast 50 Stellen bis 2020 verlangten. Der Gesellschafter Zwickau erklärte sich überdies bereit, einen neuen höheren Verteilungsschlüssel der prozentualen Zuwendungen einzubringen.

 

Schon nach grobem Überschlag wurde allen beteiligten Akteuren klar, dass diese Mindeststandards mit zukünftig 15 Mio. Euro Zuwendung nicht realisierbar sein werden. Umso löblicher ist in diesem Zusammenhang die Bereitschaft des Gesellschafters Zwickau zu werten, das traditionsreiche Puppentheater, das es vor der Fusion seit 1952 nur in Zwickau gab, in eigener Trägerschaft weiter führen zu wollen. Am 24. März 2016 haben die Stadträte in Zwickau nun mit großer Mehrheit die Angliederung der Sparte Puppentheater an die stadteigene Kultur, Tourismus und Messebetriebe Zwickau GmbH als gemeinnützige Tochtergesellschaft beschlossen. Dieser Beschluss besiegelt somit auch das Ende des Vier-SpartenTheaters Plauen-Zwickau. Das Ziel der Ausgliederung ist nach ersten Verlautbarungen der Stadtspitze Zwickau, ein Angebot für die Kinder der Region vorzuhalten, das sozusagen als Türöffner für ein späteres Theaterinteresse der nachwachsenden Generationen dienen soll.

 

Die Sparte Puppentheater des Theaters Plauen-Zwickau hat in den vergangenen sieben Jahren einen großen Qualitätsschub erfahren. Ausgelöst wurde dieser durch das Engagement von hochqualifizierten Puppenspielabsolventen der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin, eine der angesehensten Theaterausbildungsstätten der Republik. Um diesen hohen Standard der Personalgewinnung künftig möglichst fortführen zu können, hat die künstlerische Leitung des Theaters Plauen-Zwickau von Beginn der Ausgliederungsüberlegungen an für eine enge gesellschafts- und arbeitsrechtliche Verbindung an das Theater Plauen-Zwickau plädiert, auch um die bestehende schlanke Organisation aller Arbeitsabläufe, aber auch die vielfältige Vernetzung der Puppenspieler mit den anderen drei Sparten des Theaters unkompliziert erhalten zu können. Die Vorschläge der Theaterleitung zur Gründung eines Teilbetriebs bzw. einer gemeinnützigen GmbH mit identischer Leitungsstruktur wie am Theater Plauen-Zwickau wurden zwar unterstützt durch den Betriebsrat des Theaters und den Vorstand des Landesverbandes Sachsen des Deutschen Bühnenvereins, aber leider nicht von den Stadträten der Stadt Zwickau. Der Geschäftsführung des Theaters ist es, flankiert von offenen Briefen der Puppenspieler, der künstlerischen Leitung des Theaters, des Generalintendanten und von öffentlichem Protest immerhin gelungen, vielfältige künftige Kooperationsbeziehungen zwischen beiden Theatern zu erwirken. Die Leitung des Theaters Plauen-Zwickau hat noch am Tag des Beschlusses im Stadtrat der Geschäftsführung der Kultour Z. umgehende Sondierungsgespräche für Kooperationsvereinbarungen angeboten.

 

Das Theater Plauen-Zwickau steht bereit, mit allem Sachverstand und langjähriger Erfahrung mit der nun beschlossenen gesellschaftsrechtlichen Konstruktion für ein qualitätsvolles Angebot an Puppenspiel für hoffentlich alle Generationen weiterhin mit Sorge zu tragen. Doch es bleiben am Ende eines über ein Jahr andauernden Prozesses der Evaluierung einer neuen Puppentheaterstruktur Fragen. Warum konnte nicht in kürzerer Zeit und unter allumfassender Abwägung aller künstlerischen Fragen eine Antwort auf die Zukunft der gegenwärtig so wichtigen Sparte gefunden werden? Warum wurden Dialogangebote von Seiten des Theaters im Rathaus Zwickau und in einzelnen Stadtratsfraktionen spät oder gar nicht angenommen?

 

Die jetzt hoffentlich zu findenden Kooperationsbeziehungen werden Bestand haben in der Zeit der amtierenden Intendanz. Jede künftige künstlerische Leitung hat mit Blick auf die eigenen Ressourcen abzuwägen zwischen weiterer freiwilliger Hilfestellung für ästhetische Bildungsangebote oder der Hinwendung zu höheren Kasseneinnahmen mit den eigenen Angeboten. Die Situation für das Puppentheater Zwickau bleibt also für alle in der jüngsten Vergangenheit angesprochenen künstlerischen Erwägungen fragil. Ich wünsche jedenfalls fürs Erste allen Beteiligten einen guten Start in die Zukunft des Puppentheaters Zwickau. Die gesellschaftlichen Prozesse und damit das Hochhalten humanistischer Werte gerade für die jungen Generationen ist gegenwärtig von kaum gekannter Bedeutung, sodass man die Wichtigkeit eines regionalen Zwickauer Puppentheaters, auch mit Angeboten für die Partnerstadt Plauen und das Vogtland nicht hoch genug schätzen kann.

 

Roland May

Generalintendant Theater Plauen-Zwickau

 

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