Später, im Wirtshaus, berichtet er nur zögerlich von seinem Erlebnis. Doch zu seinem Erstaunen wissen alle sofort Bescheid. Das war der Schimmelreiter, meinen sie und der Schulmeister erzählt folgende Geschichte: Einst lebte hier Tede Haien, ein Mann, der von Deichsachen mehr verstand als Bauern und Hofbesitzer üblicherweise. Er hatte einen Sohn, Hauke, der wiederum von Mathematik mehr verstand als Knaben in seinem Alter. Er war überhaupt ein ungewöhnliches Kind. Stundenlang konnte Hauke am Meer stehen und beobachten, wie das Wasser gegen den hoch aufragenden Deich klatschte. Wenn er nur etwas flacher gebaut wäre, davon war Hauke überzeugt, könnte er den Wassermassen viel besser Stand halten. Als er kein Kind mehr war, begab sich Hauke in die Dienste des Deichgrafen und machte sich bei ihm bald unentbehrlich.
Ab jetzt wurde genau gerechnet und überprüft, dass alle Dorfbewohner ihren Pflichten nachkamen. Auf diese Art machte er sich nicht nur Freunde. Zum Glück gab es noch Elke, die Tochter des Deichgrafen. Auch sie verstand etwas von Mathematik… Als der alte Deichgraf starb, musste ein Nachfolger gefunden werden. Elke entschied die Sache. Hauke sollte es sein. Als Deichgraf konnte Hauke endlich seine Vision durchsetzen. Ein neuer Deich wurde gebaut und Hauke, hinter vorgehaltener Hand, „der Schimmelreiter“ genannt - wegen seines Pferdes, das er klapperdürr und heruntergekommen unter mysteriösen Umständen gekauft hatte und das sich unter seinen Händen innerhalb kürzester Zeit zu einem Prachtexemplar entwickelte. Eines Abends, beim Ritt über den Deich, sah Hauke genau dort, wo der alte Deich auf den neuen stieß eine gefährliche Schwachstelle, doch er hatte nicht mehr die Kraft mehr die Leute für einen Weiterbau zu mobilisieren. Von nun an kam alles wie es kommen musste...
„Der Schimmelreiter“ ist Storms bekannteste Novelle und gleichzeitig sein letztes Werk. Es wird in einer Erzähltheaterfassung von Karin Eppler gezeigt.
Inszenierung: Karin Eppler
Ausstattung: Caroline Stark
Es spielen: Sarah Bauerett, Mandana Mansouri, Lothar Bobbe, Ralph Hönicke, Markus Tomczyk, Benedikt Voellmy
Weitere Vorstellungen in Esslingen: Fr. 12.12., Sa. 13.12., Sa. 27.12.