Dummerweise hält sie aber nicht nur ihre siebenjährige Sehnsuchtsprojektion für verbindlich, sondern auch den Liebes- und Treueschwur, den ihr Roderich gab, als er mit sechzehn in die Fremde ging. Seither wartet sie auf ihn. Für ihren lästigen Vormund Josse und seine Frau Wilhelmine, die Julias beträchtliches Vermögen verwalten und fleissig verwenden, wird das zum Problem: Das Mädchen ist bald volljährig, die Vormundschaft wäre damit beendet – und ob Julia gewillt ist, die beiden weiter durchzufüttern, ist mehr als fraglich.
Die sauberste Lösung wäre folglich die Heirat mit Josses Neffen August. Zwar hat Josse den noch nie gesehen, doch bliebe das Geld wenigstens in der Familie. Als nacheinander zwei fremde Männer auftauchen und sich jeweils als Roderich ausgeben, ist die Verwirrung komplett. Ob nun der erste Fremde der ersehnte Vetter ist oder der zweite oder ob der richtige Roderich nicht doch eigentlich der falsche ist, wird in Eduard Künnekes 1921 im Berliner Theater am Nollendorfplatz uraufgeführter Operette unterhaltsam unter die Lupe genommen.
Mit «Onkel und Tante, ja, das sind Verwandte, die man am liebsten nur von hinten sieht», «Strahlender Mond, der am Himmelszelt thront», «Ganz unverhofft kommt oft das Glück» und vielen weiteren Liedern entsteht Eduard Künnekes Operette in einer Zeit des Umbruchs und Aufbruchs, die eine Strömung der künstlerischen Freiheit und des kollektiven Bewussteins nach den Schrecken des 1. Weltkrieges in sich vereint.
«Der Vetter aus Dingsda» ist das mit Abstand erfolgreichste Stück des Komponisten Eduard Künneke. Das Libretto stammt von Herman Haller und Fritz Oliven. Die Uraufführung fand am 15. April 1921 im Berliner Theater am Nollendorfplatz statt.
Weitere Vorstellungen: 12., 14., 23., 28. Mrz. l 06., 10., 12., 27. Apr. l 04.*, 07., 09.,
17., 20. Mai 2014