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"Die Tragödie des Macbeth" von William Shakespeare im Theater Chemnitz

Premiere: 21. März 2009, 19.30 Uhr, Schauspielhaus

 

Macbeth hat für seinen König den Sieg über die Aufständischen errungen. Auf dem Weg aus der Schlacht trifft er auf drei Hexen, die ihm prophezeien, dass er der nächste König werden soll.

Als Lady Macbeth von den Vorhersagen erfährt, entwerfen die beiden einen Mordplan. Sie werden den Prophezeiungen nachhelfen. Macbeth tötet in der darauf folgenden Nacht König Duncan und wird selber neuer König.

 

Die Welt gerät aus den Fugen. Es gibt kein Zurück mehr. Das Morden muss weitergehen. Alle, die Verdacht schöpfen, alle, die ihm den Thron streitig machen könnten, müssen beseitigt werden. Immer dicker klebt das Blut an Macbeth’ Händen, immer tiefer watet er in den Abgründen seiner Schreckensherrschaft. Noch als sich ein Heer formiert, um seinem Treiben ein Ende zu setzen, kämpft Macbeth für den Erhalt seiner Macht und will nicht glauben, dass er die Prophezeiung der Hexen auch missverstanden haben könnte. In einem letzten erbitterten Zweikampf muss er der Wahrheit ins Gesicht sehen …

 

Shakespeare entwirft in einem seiner letzten Stücke eine Welt, die ins Chaos gleitet. Die Verführbarkeit der Menschen und die Faszination des Bösen erhalten hier ebenso Gestalt wie die Unentrinnbarkeit aus einer zerstörerischen Eigendynamik. Wie in einem Alptraum werden Werte und Normen außer Kraft gesetzt, die die Zivilisation vor ihren eigenen wilden Trieben schützt.

 

Zur Inszenierung

 

Noch vor wenigen Monaten stand der Regisseur Bruno Cathomas selbst als Schauspieler in der Rolle des Macbeth auf der Bühne des Züricher Schauspielhauses. Anders als die Verlagerung der Tragödie in die Welt der Börsenspekulationen in der Züricher Inszenierung, setzt Bruno Cathomas in seiner Lesart ganz auf die unbändig archaische Kraft der Geschichte. Dafür hat er sich für die kraftvolle Neuübersetzung von Thomas Brasch entschieden, die mit ihren modernen wirkungsmächtigen Sprachbildern dem shakespeareschen Original nichts von seiner rauschhaften Poesie nimmt.

 

Das abgründige Geschehen wird in der Chemnitzer Fassung auf eine kleinere Anzahl an Figuren konzentriert, so dass die Geschichte des Macbeth geradliniger, gleichzeitig aber auch dichter erzählt werden kann und sich spielerische Freiräume öffnen, in denen den Schauspielern eine schärfere Konturierung ihrer Figuren ermöglicht wird. Eine Atmosphäre gärender und lähmender Brutalität wird generiert, die sich bei jedem anders entlädt. Für jede der Figuren stellt sich damit auch die Frage nach der eigenen und der gesellschaftlichen Realität, nach Selbstwahrnehmung und Projektion. Gut und Böse werden so zwei Seiten ein und derselben Medaille.

 

Das Bühnenbild von Hugo Gretler spiegelt diesen Konflikt wieder: Ein skelettartiges Gerüst, das durch den Druck der Außenwelt fast in sich zusammenstürzt. Ein Raum, in dem schon das Atmen schwerfällt, erst recht das Leben. Ein Raum, der nicht zuordenbar ist, so deformiert, dass er ein Nirgendwo abbildet. In diesem Nirgendwo prallen Zivilisation und Barbarei immer wieder aufeinander und stürzen die Figuren nicht nur in Krisen mit sich selbst, sondern auch mit dem Verhältnis zu denen, die ihnen am nächsten stehen und denen, die sie fürchten und hassen. Nichts ist so wie es scheint, alles ändert sich beständig und über allem schwebt das Beil des Henkers.

 

Die Band Radar, die live bei allen Aufführung spielt, bietet nicht nur eine weitere Ebene der Verdichtung an. Sie nimmt Einfluss auf das Geschehen und wird vom Geschehen beeinflusst. Sie hat das gleiche Handlungsstimmrecht wie die Schauspieler und wird somit nicht nur integrativer Bestandteil, sondern Akteur in einer morbiden Welt, in der nur der Untergang sicher scheint.

 

Übrigens darf man in England dieses Stück nie beim Namen nennen. Es heißt dort nur „Das schottische Stück“. Dem Aussprechen des Titels sollen negative Kräfte anhängen.

 

Aus dem Englischen von Thomas Brasch

 

Regie: Bruno Cathomas

Bühne: Hugo Gretler

Kostüme: Elke von Sivers

Musik: Radar

 

mit: Bernhard Conrad (Macbeth), Bettina Schmidt (Lady Macbeth), Wenzel Banneyer (Banquo), Karl Sebastian Liebich (Lennox), Urs Rechn (Rosse), Tilo Krügel (Pförtner), Michael Pempelforth (Macduff), Bernd-Michael Baier (Duncan), Nikolaus Barton (Malcolm), Daniela Keckeis (Lady Macduff), Sebastian Tessenow (Macduffs Sohn), Michael Ruchter (Banquos Sohn), drei Mädchen der Statisterie der Theater Chemnitz (drei Hexen)

 

 

 

 

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