Doch sein Prinz ist alles andere als das, was Preußen damals unter einem deutschen Helden verstand. Traumwandelnd flechtet dieser Homburg unter einer Eiche einen Siegeskranz, spricht halb schlafend, halb wachend den Kurfürsten als Vater an und dessen Tochter als Braut. Den Traum als göttliches Zeichen deutend, greift er am nächsten Tag selbstbewusst in die Schlacht ein, erringt den Sieg, aber nur, weil er sich dem Befehl des Kurfürsten widersetzt hat. Ihm droht laut Gesetz die Todesstrafe. Im Angesicht des eigenen Grabes fleht er um Gnade. Der Kurfürst fordert ihn auf, sich selbst zu richten. Als der Prinz sich für schuldig erklärt und die Todesstrafe auf sich nehmen will, erfüllt sich sein Traum.
Der holländische Regisseur Johan Simons, der in München u.a. Titus Andronicus, Die zehn Gebote und Elementarteilchen inszenierte, beschäftigt sich zum ersten Mal mit dem deutschen Dichter. Er erzählt Kleists Drama auf zwei Zeitebenen: aus der Perspektive einer Vergangenheit, in der die Ideale der unbedingten Liebe, der Familie und des Vaterlands noch richtungsweisend für das eigene Handeln in der Welt schienen, und aus der Perspektive einer Gegenwart, die nach zwei deutschen Weltkriegen um die Austreibung solcher Ideale durch die Geschichte weiß. Dabei konfrontiert uns das Stück mit der Frage, ob ein humanes Staatssystem ohne Ideale überhaupt möglich ist. Johan Simons leitet das NTGent und arbeitet seit der Spielzeit 2003/2004 kontinuierlich an den Münchner Kammerspielen, wo zur Zeit seine Inszenierungen "Die zehn Gebote" und "Elementarteilchen" (eingeladen zum Berliner Theatertreffen 2005) zu sehen sind. Am 30. Juni und 1. Juli 2007 ist er mit seiner Inszenierung der "Orestie" an den Kammerspielen zu Gast.
Mit: Stephan Bissmeier, Paul Herwig, Sandra Hüller, André Jung, Christoph Luser, Annette Paulmann