Alle ‚Teufelsbündler‘ müssen ausfindig gemacht werden. Schnell erkennen die Mädchen, allen voran Abigail, dass sie der Strafe entgehen können, wenn sie andere Menschen beschuldigen. Leugner werden hingerichtet. Nur wer seinen Bund mit dem Teufel gesteht, darf auf Gnade hoffen. Die Hetzjagd offenbart Neid und Missgunst, und dem einen oder anderen kommt es sehr gelegen, wenn das Land eines zum Tode Verurteilten am Ende versteigert wird. Auch Abigail verfolgt in ihrem Handeln ein klares Ziel: Sie will John Proctors Frau hängen sehen, weil sie sich nach einer Affäre mit ihm Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft macht. Nach und nach treten die wahren Motive der ‚Jagd‘ hervor. Das Lügengebäude der Mädchen gerät ins Wanken. Aber wird das kirchliche Gericht seinen Irrtum eingestehen?
Arthur Millers (1915-2005) Gedanken beim Umgang mit diesem historischen Stoff waren bei den Verhaftungen und Verhören. Das Stück basiert auf tatsächlichen Ereignissen. Es entstand 1953 als Kommentar zu der sogenannten McCarthy-Ära. Mit Unterstützung von Jean-Paul Sartre (Drehbuchautor) sowie der DEFA entstand eine Verfilmung, in der Stars wie Mylène Demongeot (Abigail), Yves Montand (John) und Simone Signoret (Elizabeth) mitspielten. Die damaligen Bewohner von Salem waren englische Puritaner die 1620 nach Amerika emigrierten. Nach ihrem Glauben war das Leben harte Arbeit. Jegliche Vergnügung wie z. B. Feiern, Tanzen oder auch Romanlektüre waren untersagt. Ihr Glaube sollte ihnen helfen, das schwere Leben in einem unbekannten Land auszuhalten. Sie wollten ihr ‚Neues Jerusalem‘ aufbauen und dieses Ziel nicht durch ‚falsche‘ Wege und Gedanken verderben. Die Salemer, so Millers Auffassung, errichteten für ihre Ziele eine Kombination von staatlicher und religiöser Macht, eine Theokratie. Darüber sollte die Gemeinschaft zusammengehalten und jede Art von Uneinigkeit verhindert werden. „Hexenjagd“ ist auch ein Stück über gesellschaftliche Erscheinungen, die in unserer Zeit immer wieder auftreten können. Es wendet sich gegen Angst und Massenwahn, gegen Denunziation, Gesinnungsschnüffelei und gegen den Missbrauch politischer Macht. Die Beobachtungen des Autoren über diese Aspekte und die Hysterie einer Gemeinschaft haben nichts an Aktualität verloren.
Die Regie dieser Heidelberger Neuinszenierung liegt in Händen von Isabel Osthues, die seit 1997 als freie Regisseurin arbeitet. U. a. inszenierte sie am Nationaltheater Mannheim, dem Bremer Theater, am Schauspiel Stuttgart, am Schauspielhaus Bochum, am Maxim Gorki Theater Berlin, am Thalia Theater Hamburg, am Hans-Otto-Theater Potsdam, am Luzerner Theater, an der Comédie française Paris und am Staatstheater Wiesbaden. Osthues war auch Hausregisseurin am Schauspielhaus Zürich bei Christoph Marthaler. Ihre Arbeiten umfassen Inszenierungen und Uraufführungen von Gegenwartsautoren wie Sybille Berg, Gesine Danckwart, Biljana Srbljanovic, Jan Neumann und Elfriede Jelinek sowie Klassiker wie Büchners „Woyzeck“, Tennessee Williams‘ „Glasmenagerie“ oder „Die Kleinbürgerhochzeit“ von Bertolt Brecht. Zuletzt inszenierte sie am Staatstheater Wiesbaden „Candide oder der Optimismus“ von Voltaire in einer eigenen Fassung und „Mr. Marmalade“ von Noah Haidle, die „Rocky Horror Show“ (Theater Luzern) sowie „Richtfest“ von Lutz Hübner (Hans-Otto-Theater Potsdam). Dem Heidelberger Publikum ist Isabel Osthues bereits durch ihre Inszenierung „Katzelmacher“ bekannt.
Die Rolle der Abigail wird von Nanette Waidmann gespielt. Als John Proctor ist Hendrik Richter zu erleben und dessen Frau Elisabeth Nicole Averkamp.
Arthur Miller, geboren in New York, wurde nachhaltig durch die Depressionszeit der 30er Jahre geprägt. Diese Erfahrung gepaart mit seiner jüdischen Erziehung brachte Miller dazu, kritisch zu Denken. Mit dem Drama „All My Sons“ („Alle meine Söhne“) gelang ihm 1947 der Durchbruch am Broadway. Für „Death of a Salesman“ („Tod eines Handlungsreisenden“) erhielt er 1949 u. a. den Pulitzer Preis. Die Thematik von „Hexenjagd“ sowie sein soziales Engagement trugen dazu bei, dass Miller in den 50er Jahren zur Zeit des McCarthyismus als Amerikagegner verdächtigt wurde. Er sollte zur „Aufdeckung antiamerikanischer Umtriebe“ Namen von Personen nennen, die an kommunistischen Schriftstellertreffen teilgenommen hatten. Weil er die Aussage verweigerte, wurde er wegen „Missachtung des Kongresses“ zu einer Gefängnis- und Geldstrafe verurteilt. Das Urteil wurde ein Jahr später aufgehoben. 2003 wurde Miller mit dem Jerusalempreis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft ausgezeichnet.
Aus dem Englischen von Hannelene Limpach | Dietrich Hilsdorf; Mitarbeit Alexander F. Hoffmann
Weitere Informationen und Tickets: www.theaterheidelberg.de; 06221 | 5820.000