Ein skurriles Panoptikum von Typen hat Elias Canetti (1905-1994) in seinem Erstlingsdrama in einem Mietshaus versammelt. Während im Souterrain die Frau des Hausmeisters stirbt und in den Nachbarwohnungen Erben, Mieter und Spekulanten gierig die betrügerische Übernahme der Immobilie vorbereiten, feiert sich in der Beletage die Hochzeitsgesellschaft der Familie Segenreich selbst. Ein bürgerliches Pandämonium: Hinter der Fassade der Wohlanständigkeit geraten Gefühls- und Triebleben außer Kontrolle. Selbst Braut und Bräutigam bleiben von geilen Nachstellungen nicht verschont, ein sich immer weiter steigernder wilder Reigen beginnt. Ein Erdbeben, das zunächst wie die Inszenierung eines Gesellschaftsspiels erscheint, wird plötzlich Wirklichkeit.
Wie sieht eine Gemeinschaft aus, wenn sie sich über Selbstsucht, Gier und die Lust an der Ausbeutung der Mitmenschen definiert? Elias Canetti, der 1981 für sein philosophisches Werk „Masse und Macht“ den Nobelpreis für Literatur erhielt, zeigt in „Hochzeit“ eine ebenso beklemmende wie komische Version einer sich selbst zerstörenden Gesellschaft, der ihre Fundamente abhanden gekommen sind.
Inszenierung: Amélie Niermeyer
Bühne: Maria-Alice Bahra
Kostüm: Kirsten Dephoff
Musik: Cornelius Borgolte
Dramaturgie: Henrik Bien, Joachim Klement
Mit: Cathleen Baumann, Henning Beckmann, Markus Danzeisen, Nadine Geyersbach, Anna Grisebach, Peter Harting, Anke Hartwig, Esther Hausmann, Claudia Hübbecker, Anne Knaak, Dieter Laser, Ilja Niederkirchner, Petra Redinger, Christiane Roßbach, Wolfram Rupperti, Markus Scheumann, Michael Schütz, Götz Schulte, Hans-Jochen Wagner, Sabine Zaluskowski
Zur Regiseurin:
Amélie Niermeyer, geboren 1965, ist seit Beginn der Spielzeit 2006/07 Generalintendantin des Düsseldorfer Schauspielhauses. Erste Inszenierungen entstanden am Bayerischen Staatsschauspiel München, wo sie 1990 Hausregisseurin wurde. Seitdem arbeitete sie u.a. am Thalia Theater Hamburg, am Nationaltheater Weimar, am Deutschen Theater Berlin, am Odyssee theatre in Los Angeles und am Schauspiel Frankfurt, wo sie auch Oberspielleiterin war. Von 2002 bis 2005 war sie Intendantin des Dreispartenhauses Theater Freiburg.