Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Luzerner Theater: MOTEZUMA von Antonio Vivaldi Luzerner Theater: MOTEZUMA von Antonio Vivaldi Luzerner Theater:...

Luzerner Theater: MOTEZUMA von Antonio Vivaldi

PREMIERE: 10. JUNI 2007, 19.30 UHR

 

Die Entdeckung Amerikas: Im ersten Opernlibretto zu diesem Thema führt sie zu einer Konfrontation zwischen Imperialismus und Selbstbehauptung, zwischen Christentum und Orakelgläubigkeit, zwischen Hernán Cortés, dem spanischen Eroberer, und Motezuma, dem letzten König der Azteken.

 

Liebesaffären zwischen Angehörigen der verfeindeten Stämme, Selbstmordversuche und Attentate, Verkleidungen und Missverständnisse sorgen zudem für weitere Komplikationen …

 

Die erst vor wenigen Jahren wiederentdeckte Partitur des hochbegabten, allerdings wenig bekannten Opernkomponisten Antonio Vivaldi nutzt den historischen Moment im exotischen Ambiente, um ein Feuerwerk an effektvollen Arien und Ensembles zu präsentieren. Gemäss der Barockästhetik geraten die Figuren durch Tatsachenverkennung, Liebesnöte und Machtverschiebungen immer wieder in Extrem¬situationen. Und hier setzt die Musik an: Sie spürt auf originelle Weise der psychologischen Verfassung, den Gemütszuständen und den existenziellen Krisen der Figuren nach.

 

Der Entdeckung sowohl jenes Werkes als auch seines Autors, der heute vor allem für sein instrumentales Œuvre geschätzt wird, widmet sich «La Gioconda», die auf Alte Musik spezialisierte Formation des Luzerner Sinfonieorchesters unter der Leitung von Michael Form.

 

Der Ergänzung beziehungsweise Neukomposition der verschollenen Musik ging ein ausführliches Studium der erhaltenen Instrumental- und Vokalmusik Vivaldis voraus. Dabei wurden nicht nur bereits be¬kannte «standards» neu bestätigt, sondern auch die vielen speziellen und individuellen Momente einzelner Stücke berücksichtigt und aufgegriffen – so hat etwa die oktaviert zur Gesangsstimme geführte Solovioline im Mittelteil der Arie «Nella stagion ardente» (III, 4) samt abschliessender Kadenz ihr Vorbild in der Arie «Gaurda in quest’occhi» aus der Oper «Ottone in Villa». Neben solchen formalen Aspekten wurde im Sinne des Zitats auch direkt auf den «echten» Vivaldi zurückgegriffen: Dem Kopfmotiv der Arie «Gli oltraggi» (I,2) liegt der Anfang des Concertos RV 332 zugrunde; «Dallo sdegno» (I,5) ist inspiriert von «Misero spirto mio» (Ottone), und in den Arien «Anche in mezzo» (III,2), «Dal timor» (III,3) und «Nella stagion» (III,4) wurden verschiedene Instrumentalwerke Vivaldis verarbeitet: die Triosonate RV 86, der Beginn des «Winters» aus «Die vier Jahreszeiten» und das Fagottkonzert RV 484. Für die Arie «L’aquila generosa» schliesslich konnte glücklicherweise der Beginn der fragmentarisch erhaltenen originalen Violinstimme verwendet werden. Für die Rezitative war es vor allem wichtig, der durch das Libretto vor¬gegebenen Metrik zu folgen und dem Sänger am Ende jedes Verses die Gelegenheit zur obligatorischen Appoggiatura zu geben. Dass dem Schlusschor die Ciaccona des Konzerts RV 114 zugrunde liegt, mag uns heute besonders erfreuen, auch wenn es von Vivaldi selbst nur ein einziges Beispiel dieser Art gibt: Der Schlusschor der Oper «Il Giustino» ist ebenfalls als Ciaccona gearbeitet. Für eine wohl wahrscheinlichere Fassung dieses Schlusschores sei auf die Rekonstruktion von Steffen Voss verwiesen.

 

MIT: Tanja Ariane Baumgartner, Teodora Gheorghiu, Simone Stock, Caroline Vitale, Howard Quilla Croft, Bernhard Landauer

 

PRODUKTIONSTEAM: Michael Form (Musikalische Leitung), Martín Acosta (Inszenierung), Humberto Spíndola (Ausstattung), David Hedinger (Licht), Bernd Feuchtner (Dramaturgie)

 

«La Gioconda» – Barockensemble des Luzerner Sinfonieorchesters

Statisterie des Luzerner Theaters

Koproduktion mit dem Theater der Stadt Heidelberg

 

WEITERE VORSTELLUNGEN: 13.06., 15.06., 16.06.2007, jeweils 19.30 Uhr

WIEDERAUFNAHME: 16.9., 23.9., 28.9., 1.11., 3.11.2007

 

 

 

 

 

 

 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 15 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

JAGENDE HORN-PASSAGEN -- Neue CD von Helmut Lachenmann "My Melodies" bei Naxos (BR Klassik - musica viva)

Ein kompositorischer Umgang mit dem Phänomen Melodie steht im Mittelpunkt der Komposition "My Melodies" für acht Hörner und Orchester des 1935 in Stuttgart geborenen Helmut Lachenmann. Unter der…

Von: ALEXANDER WALTHER

VOLLENDETER FORMALER AUFBAU -- Bachs Matthäus-Passion mit den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben in der Stiftskirche STUTTGART

Für Karfreitag 1729 schrieb Johann Sebastian Bach seine "Matthäus-Passion" BWV 244 und arbeitete sie dann noch dreimal um. Der vollendet ausgewogene Aufbau dieses Meisterwerks kam in der Aufführung…

Von: ALEXANDER WALTHER

SCHONUNGSLOSE SELBSTERKENNTNIS --- John Gabriel Borkman im Schauspielhaus Stuttgart

Henrik Ibsen ist der Dramatiker der schuldhaft versäumten Selbstemanzipation. Er setzt sich schonungslos mit den Lebenslügen der Menschen auseinander. Seiner Devise "Dichten ist Gerichtstag halten…

Von: ALEXANDER WALTHER

DRAMATISCH GEBALLTER ABLAUF --- Verdi Operngala im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Vorwiegend Spätwerke Giuseppe Verdis standen bei dieser sehr gelungenen Operngala auf dem Programm. Die vorzüglich musizierende Württembergische Philharmonie Reutlingen unter der inspirierenden…

Von: ALEXANDER WALTHER

FEINSTE SCHATTIERUNGEN DES GEFÜHLS -- Stuttgarter Philharmoniker unter Gabriel Feltz mit Berg und Brahms in der Liederhalle Stuttgart

Wieder konnte man als "Minutenstück" eine interessante Komposition eines Studenten der Kompositionsklasse von Prof. Marco Stroppa an der Stuttgarter Musikhochschule hören. Der 1987 in Mailand geborene…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑