Aber das scheue Flüstern rührt womöglich von etwas andrem: von einer ehrfürchtigen Scheu gegenüber dem Spiel mit blutigem Ernst.
Die Hexen tauchen wieder auf, als Macbeth das erste Mal auf der Bühne erscheint. Als siegreiche Kriegsherren ziehen er und Banquo nach Hause, da stolpern sie im Gewittersturm fast über die bärtigen Schwestern. Die Hexen prophezeien Macbeth, er werde König werden. Und fortan beschreitet Macbeth den Weg, der ihm vorgezeichnet scheint. Den Weg, den er beschreiten will – und den er größte Angst hat zu beschreiten.
Er beginnt zu morden, und wo er zurückschreckt, da drängt Lady Macbeth ihn weiter. Ein Mord zieht den andern nach sich, bis Macbeth erkennen muss, dass er den blutigen Weg so weit gegangen ist, dass es kein Zurück mehr gibt. Der Alptraum nimmt kein Ende. Da tauchen erneut die Hexen auf und wiegen Macbeth in Sicherheit: Solange nicht der Wald von Birnam sich in Marsch setze, habe er nichts zu befürchten.
Der Thriller vom ehrgeizigen Politiker mit der noch ehrgeizigeren Frau an seiner Seite, der sich an die Macht mordet und zum Machterhalt weitermorden muss, bis er allein gegen die ganze Welt zu kämpfen hat – das ist nur der halbe Macbeth.
Das ist der politische Mechanismus, wie der polnische Theaterkritiker Jan Kott sagt, der überdeckt wird vom Alptraum, der in diesem Stück wabert und wütet. Die Hexen in Macbeth sind keine Folklore. Sie tragen nicht die Kostüme aus dem Weihnachtsmärchen, sondern sind Ausdünstungen des sich – bei aller Aufgeklärtheit und Fortschrittlichkeit – hinter unserem Rücken tagtäglich vollstreckenden Grauens. Und die Tragödie von Macbeth ist, dass er den Alptraum von A bis Z erleidet, dass ihn das Böse, das er in die Welt setzt, selbst auffrisst.
Ein schwarzes Meisterwerk Shakespeares.